Am vierten Tag des Impeachment-Prozesses bekommt Donald Trump (74) auch parteiintern immer mehr Gegenwind. Nun bricht die prominente Republikanerin Nikki Hailey (49) mit dem umstrittenen Ex-Präsidenten.
«Wir müssen anerkennen, dass er uns im Stich gelassen hat», sagte Haley, ehemalige US-Botschafterin und mögliche Präsidentschaftskandidatin 2024, in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit «Politico». Trump habe einen schlechten Weg eingeschlagen. «Wir hätten ihm nicht folgen sollen und wir hätten ihm nicht zuhören sollen. Und wir können nicht zulassen, dass das jemals wieder passiert.»
Haileys Interview ist eine klare Aufforderung an die republikanischen Senatoren, sich endlich von Trump zu distanzieren. Das Impeachment hält sie allerdings für eine «Zeitverschwendung». Mindestens 17 der 50 Senatoren müssten mit den Demokraten stimmen, damit Trump wegen «Anstiftung zum Aufruhr» verurteilt und für künftige Bundesämter gesperrt wird.
«Die Geschichte wird seine Handlungen hart beurteilen»
«Dass ich wütend bin, ist noch eine Untertreibung», sagt Haley über Trumps Aktionen, die den Kapitol-Sturm am 6. Januar befeuerten. «Ich bin so enttäuscht von der Tatsache, dass er das Mike Pence [trotz] der Loyalität und Freundschaft, die er mit ihm hatte, antun würde. Ich bin davon angewidert.»
In dem in dieser Prozess-Woche erstmals veröffentlichten Videomaterial war zu sehen, wie etwa Vizepräsident Mike Pence (61) nur knapp dem wütenden Mob entkam. Trump hatte seine Unterstützer kurz zuvor gegen Pence aufgehetzt, weil dieser seine Wahlbetrugs-Lüge nicht weiter unterstützen wollte.
Haley hat nach eigenen Angaben seit dem Kapitol-Sturm nicht mehr mit Trump gesprochen. Vor führenden Parteimitgliedern hatte sie kurz darauf gesagt, dass Trump bei seiner Kundgebung «mit seinen Worten schwer falsch lag». Es seien ausserdem nicht nur seine Worte. «Die Geschichte wird seine Handlungen seit dem Wahltag hart beurteilen.»
Nach der Wahl telefonierte Haley noch mit «Freund» Trump
Das Interview erschien nur einen Tag, nachdem bekannt wurde, dass mehr als 120 Top-Republikaner eine Art neue Anti-Trump-Partei planen. Ob auch Haley zu dem Bündnis gehört, ist nicht bekannt.
Unter Trump war Haley ab Januar 2017 die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen und prägte so die Aussenpolitik der Vereinigten Staaten entscheidend mit. Im Oktober 2018 trat sie allerdings überraschend zurück – kurz vorher hatte sie Trump öffentlich bei der Russland-Politik widersprochen.
Trotz der offensichtlichen Meinungsverschiedenheit hielt sie sich mit deutlicher Kritik jedoch zurück. Gerüchteweise überlegte Trump, sie statt Mike Pence 2020 zu seinem «Running Mate» zu machen.
Im Interview mit «Politico» erzählt Haley: Nach der US-Wahl 2020, die Trump krachend verlor, habe sie ihn noch angerufen. «Ich wollte sichergehen, dass es dir gut geht», habe sie ihm gesagt. «Du bist mein Präsident, aber auch mein Freund.» Diese Zeiten sind wohl vorbei. (kin)