Lucio Gerna (53) aus Lugano hat die wohl dramatischsten Stunden seines Lebens hinter sich. Gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Töchtern weilt er aktuell auf der griechischen Ferieninsel Rhodos, wo heftige Waldbrände wüten.
Von Strandferien kann also keine Rede sein. Denn Familie Gerna musste am Samstag vor den lodernden Waldbränden flüchten und wartet aktuell auf den Rücktransport in die Schweiz.
Lautes Wortgefecht mit der Polizei
«Am Samstagmorgen erkundeten meine Frau und ich den Süden der Insel mit einem Mietauto», sagt Gerna zu Blick. Seine Töchter wollten im Hotel bleiben.
Gegen 14 Uhr fuhr das Ehepaar wieder zum Hotel zurück. Als sie auf der Gegenfahrbahn die unzähligen Feuerwehrautos erblickten, ahnten die beiden Böses. Die Rückfahrt endete abrupt, denn der Weg zum Hotel wurde abgesperrt. Die Polizei liess niemanden mehr durch. «Ich habe mir dann mit den Beamten ein lautes Wortgefecht geliefert. Immerhin hatten wir ja noch unsere beiden Mädchen im Hotel», so Gerna.
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Schliesslich lässt sie die Polizei passieren. Zurück im Hotel beginnt die Familie sofort, ihre Koffer zu packen. Unten an der Rezeption versucht Gerna herauszufinden, wie es weitergehen soll. «Plötzlich ging der Feueralarm los.» Der Grund: Die Hotelanlage wurde evakuiert.
«Die Flammen waren noch 300 Meter entfernt»
«Es waren apokalyptische Szenen», erinnert sich Gerna. Die Flammen seien rund 300 Meter von der Hotelanlage entfernt gewesen. Vor dem Hotel fuhren bereits Busse vor, um die vielen Gäste aus der Gefahrenzone wegzubringen.
Familie Gerna hatte Glück im Unglück. Mit ihrem Mietauto konnte sie selbständig flüchten, weg vom Inferno. Die Suche nach einer neuen Unterkunft wurde jedoch zur Herkulesaufgabe. «Es hiess immer, die Hotels seien schon voll oder würden wegen der Brände keine neuen Gäste mehr aufnehmen.»
Schliesslich wird Gerna fündig. In einer Pension auf der anderen Seite der Insel war noch ein Zimmer frei. Wie sie von dort aus wieder in die Schweiz gelangen sollten, wusste Gerna zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Bitter enttäuscht von den Schweizer Behörden
Ein Anruf bei der Schweizer Botschaft in Athen ergibt ebenfalls nichts Neues. «Ich wurde ans EDA weitergeleitet. Doch dort hiess es nur, dass die Lage auf Rhodos derzeit nicht als Notfall betrachtet werde und man die Rückkehr alleine organisieren müsse.»
Am Sonntagvormittag meldet sich dann das Reisebüro, bei dem Gerna den Urlaub gebucht hat. Eine Nachricht, die Hoffnung macht: Um 4 Uhr nachts gehe von Rhodos noch ein Flug nach Mailand. Ob Familie Gerna dann tatsächlich in der Maschine sitzen wird, ist noch nicht sicher. «Man hat mir bisher nur gesagt, dass wir um Mitternacht am Flughafen sein sollen.»
Für die Familie sind die Ferien definitiv im Eimer. Eine gute Erinnerung wird Gerna aber bleiben: Er betont, dass sich die Griechinnen und Griechen trotz Sprachbarriere in dieser Notlage sehr hilfsbereit und gastfreundlich gezeigt hätten.
Von den Schweizer Behörden zeigt er sich hingegen enttäuscht. «Wir wurden hier völlig alleine gelassen. Wir mussten alles selber organisieren. Ich erwarte, dass die Schweiz nun schnellstens Kontakt mit den örtlichen Behörden aufnimmt.»