Teile des Hamburger Hafens vor Verkauf – Fachleute warnen
Wo schlagen die Chinesen sonst noch zu?

In Hamburg will eine chinesische Firma Anteile der Hafenlogistik kaufen. Auch in der Schweiz sind die Chinesen wieder auf Einkaufstour. Kritiker warnen davor, dass die Regierung in Peking damit Einfluss auf westliche Regierungen nehmen könnte.
Publiziert: 25.10.2022 um 17:16 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2022 um 20:51 Uhr
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Die Firma Cosco besitzt rund 1100 Schiffe.
Foto: IMAGO/Nikita
Guido Felder

Chinesische Firmen sind seit der Pandemie mit Auslandsinvestitionen wieder auf dem Vormarsch. Nicht nur in Afrika oder Asien, wo sie ganze Häfen und Verkehrsnetze kaufen, auch in Hamburg will die chinesische Firma Cosco jetzt im öffentlichen Bereich mitmischen.

Die deutsche Regierung wird aller Voraussicht nach grünes Licht für eine Beteiligung an der Firma HHLA-Terminal Tollerort geben, die mehrheitlich der Hansestadt gehört. Mit dem Einstieg der Chinesen verspricht sie sich eine Stärkung des grössten deutschen Seehafens gegenüber den Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen.

China-Experten warnen

Bei den Kritikern schrillen die Alarmglocken. Jacob Gunter, Analyst beim China-Institut Merics in Berlin, sagt: «Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.»

Gunter bezeichnet Cosco nicht nur als multinationales Unternehmen, das eine Rendite anstrebe, sondern auch als ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategischen Ziele voranzutreiben. Gunter: «Es gibt es das Risiko der Einflussnahme – je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco wird, desto mehr Einfluss können Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.»

Cosco ist laut Gunter in erster Linie ein Instrument Pekings. Er warnt davor, dass andere Reedereien ohne staatliche Unterstützung aus dem Geschäft gedrängt würden, wenn Cosco zu viel Einfluss bekomme. Bereits vor sechs Jahren wurde Cosco Mehrheitseigner des Hafens im griechischen Piräus.

Auch der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne) hatte vor neuen Abhängigkeiten gewarnt. Dennoch scheint die deutsche Regierung nun ihre Einwilligung zu geben. Allerdings mit einer Einschränkung: Die chinesische Staatsreederei darf nicht wie geplant 35, sondern nur 24,9 Prozent übernehmen, womit der Konzern als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben kann.

Mehr Investitionen in der Schweiz

Laut der internationalen Beraterfirma Ernst & Young (EY) sind die chinesischen Investitionen nach dem pandemiebedingten Einbruch in Europa und der Schweiz wieder am Steigen. Im vergangenen Jahr wurden in Europa 155 Firmenübernahmen gezählt, in der Schweiz gab es neun Übernahmen oder Beteiligungen. Die Investitionen lagen in Europa bei 12,4 Milliarden Dollar, in der Schweiz bei 96 Millionen.

In den vergangenen Jahren haben Chinesen in der Schweiz unter anderem den Agrarkonzern Syngenta, den Trinkflaschenhersteller Sigg, das Luzerner Luxushotel Palace, mehrere Servicefirmen am Flughafen Zürich, den Lastwagen- und Textilmaschinenhersteller Saurer, den Strickmaschinenhersteller Steiger, die Maschinenfabrik Netstal und den Fussballclub GC gekauft.

«Genau beobachten»

Das Interesse der Chinesen verlagert sich von klassischen Industrieunternehmen inzwischen vermehrt auf den Gesundheits- und den Spielsektor sowie auf Start-ups. Hubert Stadler, Leiter des China Desk von EY in der Schweiz, schrieb vor kurzem in einer Mitteilung: «Vor allem für die Schweiz wird der Gesundheitssektor – ob Pharma, Biotech oder Medizintechnik – zunehmend zu einem der wichtigsten Zielsektoren chinesischer Unternehmen, weil es in diesem Bereich in China einen grossen Nachholbedarf gibt, vor allem in der Forschung und Entwicklung.»

Erpressung oder Spionage: Was mit den im Ausland gesammelten Daten in China geschieht, ist unbekannt. Die Finnin Teija Tiilikainen (58), Direktorin des Europäischen Zentrums für die Bekämpfung hybrider Bedrohungen (Hybrid CoE) in Helsinki, warnte in einem Interview mit Blick vor kurzem davor, wichtige Daten aus den eigenen Händen zu geben. Sie sagte: «Man muss genau beobachten, wenn Chinesen kritische Infrastruktur etwa in der Telekommunikation, im Energiewesen oder im Finanzbereich aufkaufen.»

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