Mindestens zehn Menschen sind bei heftigen Regenfällen und Überschwemmungen an der italienischen Adriaküste ums Leben gekommen. Besonders vom Dauerregen betroffen ist die Stadt Ancona, die auch bei Touristen sehr beliebt ist. Laut Behördenangaben wurden nach den Unwettern vom Donnerstagabend in der Region Marken auch noch drei Menschen vermisst.
Die Einsatzkräfte, darunter 400 Feuerwehrleute, suchten am Samstagmorgen zwei Erwachsene – einen Mann und eine Frau – sowie den achtjährigen Mattia L*. Dieser war seiner Mutter bei dem Unwetter am Donnerstagabend aus den Armen gerissen worden, als sie gerade aus ihrem Auto ausstiegen.
«Er wollte sich über Wasser halten»
«Da war diese übermenschliche Kraft», sagte die Mutter Silvia M.* (42) der Zeitung «La Repubblica». Ihr Sohn habe sich an einem Baumstamm festgehalten. «Er wollte sich über Wasser halten. Ein paar Sekunden, dann verschwand er in der Dunkelheit.»
Die ganze Nacht über versuchten Einsatzkräfte, darunter 180 Feuerwehrleute und Helfer des Zivilschutzes, in den betroffenen Gebieten Leute in Sicherheit zu bringen. Die Einwohner der Gemeinden am Fluss Misa wurden aufgefordert, entweder ihre Häuser zu verlassen oder in höher gelegene Stockwerke zu gehen.
Apokalyptische Zustände in Italien
Auf Amateurvideos war zu sehen, wie Flüsse teils meterhoch durch Ortschaften strömten. Ganze Stockwerke standen unter Wasser, Autos wurden von Fluten und Schlammmassen mitgerissen. Am Freitagmorgen boten sich vor Ort Bilder der Verwüstung.
«Wir haben hier apokalyptische Zustände», sagte Alessandro Piccini, Bürgermeister des Ortes Cantiano, in einem Radiointerview. «Gott steh uns bei», schrieb der Bürgermeister von Barbara auf Facebook. Wegen der Schäden fiel vielerorts immer wieder der Strom aus, auch das Telefon- und Mobilfunknetz brach häufig zusammen.
So viel Regen wie in einem halben Jahr
Die Regierung der Provinz Ancona erklärte, die Überschwemmungen seien eine Folge der anhaltenden Regenfälle vom Nachmittag. Nach Monaten der Dürre und Trockenheit war laut Meteorologen in wenigen Stunden so viel Regen gefallen wie normalerweise in einem halben Jahr. «Solche Niederschläge waren nicht vorherzusehen», sagte Stefano Aguzzi vom Zivilschutz der Region Marken.
Der Präsident der Marken, Francesco Acquaroli, schrieb auf Facebook, die «sehr ernste meteorologische Krise» in der Region gebe Anlass zu äusserster Besorgnis. Der Bürgermeister des Küstenortes Senigallia, Massimo Olivetti, ordnete an, dass Schule, Kindergärten, Sportanlagen und andere öffentliche Einrichtungen bis Samstag geschlossen bleiben. (SDA/jwg)
* Name bekannt