In Pakistan hat der Regen grosse Teile des Landes unter Wasser gesetzt. Bisher sind über 1200 Menschen gestorben. Mitgrund sei der Klimawandel, sagen Experten. Sie haben berechnet, dass der Monsun dieses Jahr zehnmal stärker sei als sonst.
Laut Klimaministerin Sherry Rehman (61) steht ein Drittel des Landes unter Wasser. «Das ist nicht mehr der normale Monsun – das ist eine Klima-Dystopie vor unserer Haustür», sagte die Ministerin.
Das Leid der Menschen ist enorm. Der Bauer Zahir Jan (37) aus dem Dorf Gara Mehrban sowie der Lehrer Ghulam Murtaza (35) aus Kohawar, beide nahe der Stadt Dera Ismail Khan im Norden des Landes, erzählen Blick, wie ihnen die Flut alles genommen hat.
Flucht in die Dunkelheit
Zahir Jan und seine Familie, zu der elf Erwachsene und neun Kinder zählen, überraschte das Hochwasser am 18. August im Schlaf. Er erzählt Blick: «Die Flut kam in der Nacht und durchbrach den Schutzwall des Dorfes. Die Leute flüchteten aus ihren Häusern in die Dunkelheit. Es herrschte ein grosses Chaos.»
Kein Haus im Ort sei unversehrt geblieben. Im Nachbardorf habe es Tote gegeben, viele wurden verletzt – vor allem alte Menschen und Kinder. Seine Familie habe praktisch alles verloren. «Die Möbel, das Bett, der Schmuck, die Kleider, das Geschirr: Es ist alles zerstört oder verschwunden», sagt Zahir Jan. Auch die Ernte von Weizen, Kichererbsensamen und Früchten sei unbrauchbar, viele Tiere seien verendet.
Zurzeit wohnt seine Familie in einem nahe gelegenen Dorf. Er hofft auf finanzielle Unterstützung durch den Staat, suche aber auch ein neues Einkommen. Jan: «Ich werde als Arbeiter anheuern, um Brot und Butter für meine Familie zu verdienen.»
Nur ein Beinbruch
Ghulam Murtaza erzählt, wie die Dorfbewohner am 18. August zuerst aufgefordert worden seien, den Dorfwall zu verstärken. «Wir mussten alle raus und arbeiteten am Damm, mit wenigen Maschinen sowie mit blossen Händen.» Als der Regen heftiger wurde und das Wasser nicht zu stoppen war, kam die Anweisung, dass man jetzt das eigene Leben schützen und fliehen solle.
Obwohl das Dorf praktisch von allen Seiten her umspült wurde, gelang es den Bewohnern, in ein erhöht liegendes Dorf zu fliehen, wo sie die Nacht verbrachten.
Am andern Morgen folgte der grosse Schock, als sie nach Hause zurückkehrten. «Wir haben alles verloren … ausser unser Leben», sagt Murtaza. Ihr Haus, von dem nur noch die Mauern stünden, ist unbewohnbar. Abgesehen von einem Beinbruch habe es im Dorf keine Verletzten gegeben.
Nun lebt die Familie bei Verwandten. «Wir haben im Moment keine Ahnung, was wir machen sollen», sagt Murtaza. Klar sei aber, dass sie ein neues Haus erhöht und einen stärkeren Schutzwall bauen müssten. Wie Zahir Jan wird auch Murtaza vom Hilfsprogramm der Helvetas unterstützt.
33 Millionen Menschen betroffen
Die Fluten, die auf die stärksten Regenfälle seit mehr als drei Jahrzehnten zurückzuführen sind, haben seit Mitte Juni bereits mehr als 1200 Menschen das Leben gekostet. Mehr als 33 Millionen Menschen in dem Land mit rund 220 Millionen Einwohnern sind nach Regierungsangaben von den Überschwemmungen betroffen.
Das Uno-Kinderhilfswerk Unicef hatte am Mittwoch vor einer weiteren Verschlechterung der «gefährlichen humanitären Lage in den kommenden Tagen und Wochen» gewarnt, da schwere Regenfälle in bereits unter Wasser stehenden Regionen erwartet würden. In den betroffenen Gebieten seien Millionen Kinder und Hunderttausende Schwangere gefährdet und benötigten dringend humanitäre Hilfe.