Forscher machen derzeit grosse Fortschritte bei der Entwicklung wirkungsvoller Corona-Medikamente. Besonders Molnupiravir könnte im Kampf gegen die Corona-Pandemie helfen.
Laut Mark Denison, Professor für Pädiatrie und Infektionskrankheiten am Vanderbilt University Medical Center in Nashville (USA), könnten Medikamente, die auf die Virus-Enzyme Polymerasen sowie Proteasen reagieren, der Schlüssel zum Erfolg sein. «Diese Enzyme sind wie der Motor eines Autos», sagt Denison zum «Spiegel». «Wenn man es schafft, sie zu blockieren, dann bleibt das Auto stehen.»
Die bisherigen erfolgreichen Behandlungen waren vor allem auf Patienten, die bereits mit einem schweren Verlauf im Spital lagen, ausgerichtet. Nun liegt der Fokus bei Medikamenten, die zu Beginn der Infektion wirken.
Acht Todesfälle versus null Tote
Gute Nachrichten gibt es diesbezüglich beim Medikament Molnupiravir der Firma MSD. In den USA soll nun die Notfallzulassung beantragt werden. Der Wirkstoff schleust RNA-ähnliche Bausteine in das Erbgut des Virus ein. Wird das Coronavirus-Erbgut in einer infizierten Körperzelle weiter vermehrt, entstehen fehlerhafte Erbgut-Kopien. Der Erreger kann sich so nicht mehr vermehren oder ausbreiten. Molnupiravir wirke laut Forschern bei nicht hospitalisierten Patienten vielversprechend.
Laut dem Unternehmen hat die klinische Studie mit dieser antiviral wirksamen Kapsel sehr gute Ergebnisse hervorgebracht. Demnach konnte Molnupiravir das Risiko für Krankenhauseinweisungen oder Todesfälle im Vergleich zu einem Placebomedikament ungefähr um 50 Prozent senken. Sieben Prozent der Studienteilnehmer mussten ins Spital, bei der Kontrollgruppe waren es 14 Prozent.
Bei den Todesfällen sieht das Resultat noch besser aus: Während in der Placegruppe acht Todesfälle verzeichnet wurden, starb in der Molnupiravir-Gruppe kein einziger Patient. «Acht Tote versus null Tote, das klingt interessant, vielleicht kann das etwas werden», sagt Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber des «Arznei-Telegramms». Die Experten bleiben vor der Veröffentlichung der Daten allerdings noch vorsichtig. «Bevor ich in Begeisterung ausbreche, brauche ich erst mehr Daten», sagt Becker-Brüser.
Medikament muss in Tablettenform verfügbar sein
Auch Christian Karagiannidis, geschäftsführender Oberarzt der Lungenklinik Köln-Merheim und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin, freut sich. «Es ist ein positives Signal», sagt er zum «Spiegel». «Wenn sich die Resultate bestätigen, könnte ich mir vorstellen, dass es das erste Medikament wird, dass in der Fläche früh im Krankheitsverlauf eingesetzt werden wird.» Bis dahin sollen zunächst noch die Nebenwirkungen untersucht werden.
Bereits jetzt kommt auch das antivirale Mittel Remdesivir – unter anderem auch in der Schweiz – zum Einsatz. Allerdings wurde es bisher nur intravenös und damit im Krankenhaus verabreicht. In der Zukunft ist bei der Entwicklung solcher Medikamente allerdings von grosser Bedeutung, dass sie als Tablette oder Kapsel eingenommen werden können. Um richtig zu wirken, müssten sie möglichst früh eingenommen werden. Für Infizierte, die sich zu Beginn der Erkrankung noch relativ gut fühlen, besteht sonst wenig Anreiz, sich ins Spital für eine Infusion zu begeben. (man)