Streit im Bistum Chur
Junge Katholikin fühlt sich bedroht

Bischof Joseph Bonnemain wirbt für eine «angstfreie Kirche». Doch am Züri Fäscht soll seine Sprecherin eine junge Katholikin eingeschüchtert haben.
Publiziert: 23.07.2023 um 18:58 Uhr
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Der Bischof von Chur, Joseph Bonnemain, verspricht eine «angstfreie Kirche».
Foto: Philippe Rossier
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Es sollte ein netter Abend im «Garten Eden» werden. So hiess das kirchliche Festgelände am Züri Fäscht. Doch der Event war für die Katholikin Maria* (33) nicht paradiesisch.

Maria hat einen befristeten Job in der Kommunikationsabteilung der Zürcher Kantonalkirche. Sie unterhielt sich mit Nicole Büchel (46), der Sprecherin von Bischof Joseph Bonnemain (74).

Über das Gespräch gibt es zwei Versionen. Maria sagt: «Die Sprecherin meinte, ich hätte mich mit einem Kommentar untragbar gemacht.» Denn Maria hatte in einem Kirchen-Newsletter die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche kritisiert und Verständnis für Kirchenaustritte geäussert.

Mitarbeiterin fühlte sich unwohl

Weiter soll die Bistumssprecherin die deutsche Autorin belehrt haben. Sie sei «sehr gut vernetzt in der Schweizer Kirche und ebenso in der Schweizer Medienwelt. Sie gab mir sehr deutlich zu verstehen, dass sie persönlich dafür Sorge tragen werde, dass ich in beiden Bereichen keine Anstellung mehr finde.»

So steht es in einer Gesprächsnotiz, die Maria verfasst hat. Maria sagt, sie habe sich bedroht gefühlt: «Einen derartigen Einschüchterungsversuch habe ich noch nicht erlebt. Dass so etwas gerade im kirchlichen Umfeld geschieht, hinterlässt mich entsetzt und verletzt mich zutiefst.»

Petra Zermin (60) ist bei der Zürcher Kantonalkirche für Personalfragen verantwortlich. Sie hat am Rande das Gespräch beobachtet. «Ich weiss nicht, was gesagt wurde. Ich habe aber gesehen, wie die Sprecherin des Bischofs auf unsere Mitarbeiterin eingeredet hat. Unsere Mitarbeiterin fühlte sich sichtlich unwohl. Durch meine Annäherung habe ich das Gespräch unterbrochen.»

Eine andere Version erzählt die Sprecherin des Bischofs: «Die Kommunikationsmitarbeiterin hat mich gleich zu Beginn unseres Gesprächs um meine Meinung zu ihrem Kommentar gebeten.» Zu Reaktionen konservativer Katholiken habe sie ihr ehrlich ihre Meinung gesagt. «Ob sie sich meinerseits eine andere Einschätzung erhofft hat, kann ich nicht beurteilen.»

Beschuldigungen seien absurd

Laut Nicole Büchel «handelte es sich um eine konstruktive, sachliche und informelle Unterhaltung zwischen zwei Berufskolleginnen im Rahmen eines Stadtfestes». Sie bestreitet «mit Vehemenz, die Kommunikationsmitarbeiterin in irgendeiner Weise bedroht zu haben». Die erhobenen Vorwürfe «entbehren jeder Grundlage und sind ehrverletzend».

Es ist nicht das erste Mal, dass Kritik an Büchels Amtsführung laut wird. 2022 soll sie einer anderen Zürcher Mitarbeiterin mit Kündigung gedroht haben. Eine interne Beschwerde liegt vor, Büchel widerspricht: «Da ich nicht ihre Vorgesetzte bin, habe ich weder eine Weisungsbefugnis noch andere Kompetenzen. Die vorgebrachten Beschuldigungen sind absurd.» Sie habe bei ihrem Amtsantritt versucht, Kompetenzen zwischen Chur und Zürich zu klären.

Der oberste Zürcher Katholik Raphael Meyer (42) stellt sich hinter die Zürcher Mitarbeiterinnen und sagt: «Solche Angelegenheiten bespreche ich mit dem Bischof direkt und nicht in der Öffentlichkeit. Einschüchterungen aller Art akzeptiere ich nicht, egal, ob sich diese gegen unsere Mitarbeitenden oder gegen andere Menschen richten.»

Was sagt Bischof Joseph Bonnemain? Er hatte bei seinem Amtsbeginn eine «angstfreie Kirche» versprochen. Der Bischof war für SonntagsBlick nicht zu erreichen. Er ist in Kalabrien in den Ferien.

*Name geändert

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