Somalischer Premier rausgeschmissen – Der in der Schweiz lebende Bashir Gobdon (50) ist besorgt
«Ich fürchte mich vor einem Bürgerkrieg unter den Stämmen»

In Somalia hat der Präsident den Premierminister entlassen. Die Garde des Präsidenten ist aufmarschiert. Der in der Schweiz lebende Somalier Bashir Gobdon (50) fürchtet, dass nun ein Bürgerkrieg ausbrechen könnte.
Publiziert: 27.12.2021 um 18:14 Uhr
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Premierminister Mohamed Hussein Roble ist entlassen worden.
Foto: Radio Mogadishu
Guido Felder

Schwerer Schlag für den Krisenstaat Somalia: Der umstrittene Präsident Abdullah Farmajo (59) hat Premierminister Mohamed Hussein Roble (58) entlassen. Am Montagmorgen umstellte die Präsidentengarde das Büro des Premiers in der Hauptstadt Mogadischu.

Der somalisch-amerikanische Doppelbürger Farmajo wirft dem somalisch-schwedischen Doppelbürger Roble Korruption und Amtsmissbrauch vor. Der 58-Jährige habe Land, das der somalischen Armee gehöre, für persönliche Zwecke beschlagnahmt. Robles Büro weist diese Vorwürfe zurück.

Nicht mehr als Präsident anerkannt

In Somalia, das seit Jahrzehnten von schweren Krisen geplagt ist, sind Parlaments- und Präsidentschaftswahlen überfällig. Die Amtszeit Farmajos war im Februar abgelaufen, die Wahlen wurden aber wegen Streitigkeiten um das Wahlprozedere verschoben. Mehrere Regionen erkennen ihn nicht mehr als Präsidenten an.

Roble wurde mit der Organisation der Wahlen betraut. Allerdings wirft Farmajo dem Premierminister vor, versagt zu haben und eine Spaltung des Landes voranzutreiben. Im Gegenzug wirft Roble dem Präsidenten vor, Wahlbetrug zu planen und Ermittlungen zu behindern, die zum Rücktritt des Geheimdienstchefs geführt hatten.

Der stellvertretende Informationsminister Abdirahman Yusuf Omar Adala bezeichnete das Vorgehen des Präsidenten laut der Nachrichtenagentur Reuters als «indirekten Coup». Die Botschaft der USA rief beide Seiten zur Deeskalation auf. Die somalischen Führer sollten Schritte ergreifen, um Provokationen und Gewalt zu verhindern.

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Angst vor Bürgerkrieg

Bashir Gobdon (50), Präsident des Vereins Somali Swiss Diaspora und Co-Chef des Hilfswerks Swisso-Kalmo, ist angesichts der Regierungskrise besorgt. «Ich fürchte mich vor einem Bürgerkrieg unter den Stämmen», sagt der in der Schweiz lebende Somalier zu Blick.

Für Gobdon besteht die einzige Lösung darin, dass Farmajo abtritt und Uno-Truppen und die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (Amisom) die Ruhe wieder herstellten. Und er erklärt: «Farmajo hat Roble 2020 selber als Premierminister eingesetzt und benutzte ihn als Marionette, um seine Macht auszuüben.»

Korruption und schwindende Pressefreiheit

Farmajo war 2010 und 2011 Premierminister und wurde 2017 bei korrupten Wahlen zum Präsidenten gekürt. Sein Wahlkampf wurde vor allem von Katar unterstützt. Es sollen mindestens 20 Millionen US-Dollar an Bestechungsgeldern geflossen sein. Seit er im Amt ist, stellt Amnesty International eine Verschlechterung der Pressefreiheit fest.

Grosse Kritik musste Farmajo einstecken, als am 19. Februar 2021 seine Regierungstruppen das Feuer auf friedlichen Demonstranten eröffneten, die gegen die Wahlverzögerung protestierten. Oppositionelle behaupteten damals, dass Farmajo sie ermorden wollte.

Beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sind vier Fälle gegen die Regierung Somalias unter der Verwaltung von Farmajo wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schweren Menschenrechtsverletzungen eingegangen.


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