Auf einen Blick
- Kamala Harris brach ihr Schweigen im ersten Interview
- Harris hat keine Erklärung für ihre Positionswechsel zu Fracking
- Ihre Chancen liegen bei nur 47 Prozent in Umfragen
Monatelang hat sich Kamala Harris (59) vor den Journalisten versteckt: keine Pressekonferenzen, keine Interviews. In der Nacht auf Freitag brach sie ihr Schweigen für genau 27 Minuten. Zum Handkuss kam CNN-Starjournalistin Dana Bash (53).
Harris hatte mindestens einen gewichtigen Aussetzer. Gesessen hat dafür die Art, wie sie auf Donald Trumps (78) persönliche Beleidigungen reagierte (Spoiler: Trump fand das gar nicht lustig). Spannend aber war vor allem, was Harris im Interview alles verschwieg. Die 5 wichtigsten Erkenntnisse:
Harris hat keine Erklärung für ihre Positionswechsel
Fracking, die Förderung von Öl und Gas aus tief liegenden Gesteinsschichten, ist das derzeit heisseste Thema in Pennsylvania, dem wichtigsten Swingstate dieser Präsidentschaftswahlen. Harris’ Problem: Sie war lange gegen die umstrittene Fördermethode, von der in Pennsylvania Zehntausende Jobs abhängen. Jetzt ist sie plötzlich dafür.
Warum dieses wirre Hin und Her, wollte Journalistin Dana Bash wissen. Harris’ unbefriedigende Antwort darauf: «Meine Werte haben sich nicht verändert.» Wohl aber habe sie als Vizepräsidentin gelernt, Kompromisse einzugehen. Das wird die kritischen Stimmen in Pennsylvania nicht zum Schweigen bringen. Das Thema dürfte Harris weiter um die Ohren fliegen.
Migration? Nicht meine Schuld!
Trump nennt sie «Grenz-Zarin», Joe Biden (81) lobt sie für ihre diplomatischen Bemühungen in den lateinamerikanischen Migrations-Hotspots. Harris selbst hat im heissesten aller Wahlkampfthemen eine glasklare Haltung: Die Migrationsprobleme sind Trumps schuld!
Harris, die einst als kalifornische Staatsanwältin gegen mexikanische Drogenkartelle vorging, verwies dafür erneut auf den von Biden und ihr vorgelegten Migrations-Deal, der unter anderem die Anzahl Grenzwächter erhöht und neue Mittel zur Drogenfahndung bereitgestellt hätte. Auf Trumps Geheiss hin stellten sich die Republikaner im Parlament quer. «Trump verhinderte den Deal, weil er wusste, dass er ihm politisch schaden würde», betonte Harris. Als Präsidentin würde sie den geplatzten Deal wiederbeleben, versprach sie.
Ihr Rezept gegen Trumps Beleidigungen
Kürzlich stellte Trump infrage, ob Kamala Harris wirklich schwarz sei. Harris habe sich immer als Inderin präsentiert und sei «erst jüngst zur schwarzen Frau» geworden, höhnte Trump. Darauf angesprochen, setzte die Tochter eines Jamaikaners und einer Inderin ein müdes Lächeln auf und meinte nur: «Alter Stumpfsinn. Nächste Frage!» «That’s it?», wollte Moderatorin Dana Bash wissen. «That’s it», stellte Harris klar.
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So lässt man Trump abblitzen! Harris’ Antwort: Wie aus dem Lehrbuch zum Umgang mit Plaggeistern. Übrigens: Trump reagierte brüskiert auf das Interview: «LANGWEILIG!», urteilte er auf seiner Plattform Truth Social.
Ukraine und die Frauen: Harris’ schmerzhaftes Schweigen
Spannend war, was Kamala Harris im Gespräch mit CNN alles nicht sagte.
Kein Wort dazu, dass sie die erste Frau im mächtigsten Amt der Welt wäre. Ganz anders als Hillary Clinton (76), die in ihrem Wahlkampf 2016 nicht müde wurde, auf die historische Chance zu verweisen, dass Amerika endlich eine Präsidentin erhalten könnte – und dann scheiterte. Harris' Schweigen ist weise. Wer 2024 ins Weisse Haus will, tut noch immer gut daran, die Wechselwähler nicht allzu sehr an seine Weiblichkeit oder seine dunkle Haut zu erinnern – leider.
Schmerzlich war Harris’ Schweigen zum Ukraine-Krieg. Die Ukraine, die ohne amerikanische Hilfe nur wenige Tage überleben könnte, erwähnte Harris in keinem Wort. Priorität scheint das Thema – anders als für ihren aktuellen Chef – für sie keine zu haben. Das sind schlechte News für Wolodimir Selenski (46) – und für ganz Europa, das sich ohne amerikanische Schützenhilfe kaum gegen Putins Wahn wehren kann.
Volle Vaterliebe: Tim Walz’ rührende Botschaft an seinen Sohn
Harris’ Vizekandidat Tim Walz (60) sass die meiste Zeit schweigend und nickend neben seiner vielleicht baldigen Chefin. Einen Volltreffer aber landete der Regierungschef aus dem Bundesstaat Minnesota. Angesprochen auf die virale Aufnahme seines Sohnes Gus (17), der dem Vater am Parteitag in Chicago in Tränen aufgelöst zujubelt, sagte Walz: «Das war der vielleicht schönste Moment seit meiner Ernennung zum Vizepräsidentschaftskandidaten.»
Gus’ Video wurde von republikanischen Kreisen für üble Mobbing-Kampagnen gegen den angeblich schwachen jungen Mann verwendet. Walz tat, was ein guter Vater tut: Er stellte sich bedingungslos hinter seinen Jungen. «Ich bin so dankbar, dass ich diesen Moment erleben durfte. Ich bin so stolz auf Gus.» Eine starke Botschaft an die mobbenden Schwächlinge.
Fazit: Kamala Harris kann Interviews geben. Sie sollte es noch viele Male tun, um auf all die offenen Fragen Antworten zu liefern. Mit dem CNN-Gespräch alleine wird sie kaum neue Wähler für sich gewinnen. Das hat sie aber bitter nötig. Laut Umfragen liegen ihre Chancen auf einen Triumph am 5. November bei nur noch 47 Prozent, satte 5 Prozentpunkte tiefer als Trumps Siegeschancen.