Achtung vor dem Kamala-Kater
Nach Parteitags-Party: 4 Fallen lauern für Harris

Die Parteitage sind vorbei, der richtige Wahlkampf beginnt. Kamala Harris darf sich von der Euphorie ihrer Anhänger nicht blenden lassen, wenn sie am 5. November gegen Donald Trump gewinnen will. Vier Fallen lauern auf dem Weg ins Weisse Haus.
Publiziert: 23.08.2024 um 20:37 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2024 um 10:25 Uhr
Kamala Harris darf zufrieden sein mit den stimmungsvollen Parteitagen in Chicago.
Foto: Anadolu via Getty Images

Auf einen Blick

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Feiern, das können die US-Demokraten. Ihre Parteitage in Chicago endeten mit einer gigantischen Ballon- und Konfetti-Party für Kamala Harris (59). Kurz zuvor hatte sie ihre Nomination als Kandidatin für das mächtigste Amt der Welt angenommen. Ihre Ansprache: solide. Der Blick aufs Konto: beruhigend. Allein in den letzten zehn Tagen hat die Harris-Kampagne von mehr Anhängern Geld gekriegt als Joe Biden (81) in den vergangenen 15 Monaten.

Aber Achtung, all der Jubel über die erste schwarze Präsidentschaftskandidatin darf über eines nicht hinwegtäuschen: Der harte Teil des Wahlkampfs beginnt für Kamala Harris erst jetzt. Vier Fallen lauern für die linke Kalifornierin. Jede könnte ihre Polit-Karriere abrupt beenden und Donald Trump (78) den Sieg am 5. November bescheren.

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Kamala Harris darf zufrieden sein mit den stimmungsvollen Parteitagen in Chicago.
Foto: Anadolu via Getty Images
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Harris versteckt sich vor den Medien

Seit sich Joe Biden vor mehr als einem Monat aus dem Rennen ums Weisse Haus genommen hat, lud Kamala Harris zu keiner einzigen Pressekonferenz und gab kein einziges Interview. Fast all ihre öffentlichen Auftritte waren durchorchestriert, alle Antworten auf Telepromptern vorgegeben.

Harris versteckt sich vor den Medien. Wohl auch im Wissen darum, dass ihre nicht seltenen Positionswechsel bei wichtigen Themen zu unangenehmen Fragen führen könnten. In vielen Punkten bleibt unklar, was sie denkt oder was sie als Präsidentin konkret machen würde (das britische Magazin «Economist» bezeichnet sie deshalb als «KamaChamäleon»).

2

Ihre «Politik der Freude» klingt für viele wie ein Hohn

Ein Wort war an den Parteitagen omnipräsent: «Joy», Freude. Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton (78) bezeichnete Harris als «Präsidentin der Freude», ihr Vize Tim Walz (60) dankte ihr, dass sie «die Freude zurück in dieses Rennen» gebracht habe. Und ihr Ehemann Doug Emhoff (59) stellte sie als «freudige Kämpferin» vor.

All die Freude sei den Demokraten gegönnt. Gerade in den Ohren der wachsenden Anzahl Amerikanerinnen und Amerikaner, die unter der wirtschaftlichen Lage leiden und in die Armut abzurutschen drohen, tönt der ganze politische Freudentanz aber wie ein Hohn elitärer Politiker, die die Verbindung zu den einfachen Menschen verloren haben.

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Der Nahe Osten fliegt ihr um die Ohren

Ein grosses Zelt mit Platz für unterschiedlichste Ansichten sei ihre Partei, verkündeten die Demokraten in den vergangenen Wochen. Das Problem: Im Zelt der «Dems» tummeln sich neben Israel-Verstehern auch ganz viele Palästina-Unterstützer. Und die vertragen sich gar nicht. Das zeigten die lautstarken Proteste pro-palästinensischer Demokraten in den Strassen von Chicago diese Woche.

An Harris’ Parteitagen aber durfte kein einziger palästinensisch-stämmiger Redner auftreten. Das Eisen Naher Osten: zu heiss für Harris? In ihrer Ansprache ging sie zwar auf den Konflikt ein, betonte Israels Recht zur Selbstverteidigung und bedauerte das Grauen in Gaza. Aus Sicht beider Konfliktparteien war das aber ein maximal lauwarmes Bekenntnis.

Harris ist vorsichtig, zu vorsichtig vielleicht. Im wichtigen Swing State Michigan spielen arabisch-stämmige Wählerinnen und Wähler das Zünglein an der Waage. Bei den demokratischen Vorwahlen im Frühling warfen Zehntausende von ihnen aus Protest gegen die Nahostpolitik der Demokraten ein «Unentschlossen» in die Urne. Harris muss dringend ein Rezept finden, um die verschiedenen Nahost-Fraktionen in ihrem Parteizelt zu versöhnen.

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Ihr Newcomer-Trick funktioniert nicht

Seit dreieinhalb Jahren sitzt Harris als Vizepräsidentin im Weissen Haus – als engste Mitarbeiterin von Joe Biden. Verständlich, dass ihr Kontrahent Trump nicht müde wird zu betonen, Harris hätte ihre politischen Versprechen längst umsetzen können, statt nur von ihnen zu plaudern.

Es fällt der Kalifornierin sichtlich schwer, sich von ihrem aktuellen Boss Biden loszulösen und sich als eigenständige Kandidatin mit eigenständigen Themenschwerpunkten zu positionieren. Ob sie will oder nicht: In der öffentlichen Wahrnehmung bleibt sie eng mit Bidens Politik verbunden. Erst der Wahltag wird zeigen, ob das gut oder schlecht ist für sie.

Fazit: Die Umfragen, die Spendenströme und die Stimmung in Chicago mögen darüber hinwegtäuschen. Aber das Rennen um das Weisse Haus bleibt extrem knapp. Für Kamala Harris und ihre Demokraten gilt dasselbe wie für uns alle: Auf jede richtig gute Party folgt fast unweigerlich der Kater.

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