Sie wollen laut eigenen Aussagen der «politische Albtraum» von US-Präsident Joe Biden (81) und seinem mexikanischen Amtskollegen Andrés Manuel López Obrador (70) sein: Rund 10'000 Migranten aus ganz Zentralamerika haben sich in der mexikanischen Stadt Tapachula versammelt und marschieren gemeinsam in Richtung USA. Es ist die grösste Flüchtlingskarawane, die in den letzten Jahren Kurs auf die Vereinigten Staaten genommen hat. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Woher kommen die Migranten?
Rund 5000 Menschen machten sich an Heiligabend nach einem Gebet in der Stadt Tapachula im Bundesstaat Chiapas an der Grenze zu Guatemala auf den Weg, wie die mexikanische Zeitung «Milenio» unter Berufung auf den örtlichen Zivilschutz berichtete. Seither schliessen sich immer mehr Personen an. Die Migranten stammen hauptsächlich aus Ländern wie Venezuela, Honduras, El Salvador, Guatemala, Nicaragua oder Haiti.
Wieso passiert das ausgerechnet jetzt?
In den letzten Wochen hat die US-Regierung von Präsident Biden die Einreisehäfen in Eagle Pass (Texas), Lukeville (Arizona) und San Ysidro (Kalifornien) für Fussgänger und Fahrzeuge geschlossen. Am 17. Dezember gaben die Behörden bekannt, dass sie auch die internationalen Bahnübergänge in Eagle Pass und El Paso vorübergehend schliessen werden. Dagegen wehren sich die Migranten.
Berichten zufolge ist die Karawane jedoch zum Teil auch durch mexikanische Strafverfolgungsmassnahmen in Tapachula, nahe der Grenze zu Guatemala, motiviert. Nach Angaben von «Diario del Sur», einer mexikanischen Lokalzeitung, sitzen mehr als 100'000 Migranten in der Stadt fest und warten auf Papiere, die ihnen die freie Durchreise durch Mexiko ermöglichen.
In der Vergangenheit hat die mexikanische Strategie, Migrationspapiere zu verschleppen, zu Unruhen unter den Migranten geführt, die die ärmsten Regionen des Landes verlassen wollten. Diese Unruhe kann zur Organisation von Karawanen beigetragen haben, denn die Karawanen bieten den Migranten Schutz vor organisierter Kriminalität und vor Erpressungsforderungen korrupter mexikanischer Beamter.
Wie reagieren die USA und Mexiko?
Am Mittwoch haben sich US-Aussenminister Antony Blinken (61), seine Delegation und der mexikanische Präsident Obrador getroffen. Das Ziel des Treffens war es, die Ursachen der zunehmenden Migration zu erörtern und Lösungsansätze zu finden.
Mehr zur amerikanisch-mexikanischen Grenze
Doch das ist leichter gesagt als getan. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Zu den Vorschlägen, die in Erwägung gezogen werden, gehören die Zurückweisung von Migranten, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, Asyl zu beantragen, aber auch die Ausweitung eines beschleunigten Abschiebeverfahrens oder die Anhebung des Standards für glaubwürdige Befürchtungen von Asylbewerbern. Das berichtet der US-Fernsehsender CNN am Mittwoch.
Was hat Donald Trump mit der Sache zu tun?
US-Präsident Biden hat die Beamten zu einem entscheidenden Zeitpunkt nach Mexiko-Stadt geschickt, da die Zahl der Grenzübertritte einen Rekord erreicht hat und der Druck auf Biden wächst, die Krise zu lösen oder zumindest einzudämmen, die sich als ständige politische Schwachstelle erwiesen hat. Die Situation an der amerikanisch-mexikanischen Grenze steht im Mittelpunkt einiger von Bidens wichtigsten Prioritäten für das Jahr 2024 – auch im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Rennen um das Weisse Haus im kommenden Jahr.
Und: Auch der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump macht die illegale Migration zum Kernthema seines Wahlkampfs für den Präsidentschaftsposten 2024. Die Bekämpfung der illegalen Einwanderung war bereits ein Schwerpunkt von Trumps Präsidentschaft, und es besteht kaum ein Zweifel daran, dass er diesem Thema im Falle seiner Wiederwahl erneut Priorität einräumen wird.
Trumps «zunehmend harsche, Migranten dämonisierende Sprache», wie CNN schreibt, erreicht neue Extreme. Bei einer Kundgebung in New Hampshire eine Woche vor Weihnachten zog Trump Vergleiche mit der Sprache Nazideutschlands, als er sagte, Migranten aus Afrika, Asien und Südamerika «vergiften das Blut unseres Landes».