Auf einen Blick
- Die Linke feiert Comeback im Bundestag mit neuem Gesicht Heidi Reichinnek
- Reichinnek prägt Wahlkampf mit viralen Videos und Wutreden gegen CDU
- Bei 18- bis 24-Jährigen wurde Die Linke stärkste Partei mit 25 Prozent
Während am äusseren rechten Rand die Alternative für Deutschland (AfD) mit gut 20 Prozent ein Glanzergebnis hinlegte, welches von Partei-Chef Tino Chrupalla (49) als «sensationell» bezeichnet wurde, jubelte man auch auf der diametral gegenüberliegenden Seite. Die Linke ist an der Bundestagswahl der triumphale Wiedereinzug in den Bundestag gelungen. Und das war alles andere als absehbar. Noch vor wenigen Wochen totgesagt und unter der 5-Prozent-Hürde – jetzt mit knapp neun Prozent zurück in der Regierung. Die «Süddeutsche Zeitung» etwa schreibt von einer «Geschichte der politischen Wiederauferstehung».
Dieser Erfolg ist nicht nur, aber vor allem dem neuen Gesicht der Linkspartei zu verdanken: Heidi Reichinnek (36). Und so war die Stimmung auf der Wahlparty dann auch mehr als ausgelassen, als die populäre Co-Spitzenkandidatin am Sonntagabend gemeinsam mit den Parteichefs Jan van Aken (63) und Ines Schwerdtner (36) im Glashaus der Arena Berlin an der Spree die Bühne betrat.
«Auf die Barrikaden»
Reichinnek prägte den Wahlkampf einer Partei, die nach dem Abgang von Sahra Wagenknecht (55) im Januar 2024 in einer Identitätskrise steckte und erst allmählich begriff, dass der Austritt von Wagenknecht eine riesige Chance war – eine Chance für einen Neuanfang.
Reichinnek taucht jetzt da auf, wo früher Wagenknecht alles besser wusste, so die «Süddeutsche» weiter. Ihre pointierten Videos auf Tiktok und Instagram erreichen regelmässig Hunderttausende Menschen und gehen viral durch die Decke. Sogar Millionen von Klicks bescherte ihr ihre Wutrede Ende Januar im Bundestag gegen CDU-Chef Friedrich Merz (69), der gemeinsam unter anderem mit der AfD eine Mehrheit bei der Abstimmung für seine Verschärfung der Migrationspolitik erhielt. «Gebt nicht auf, sondern wehrt euch», rief Reichinnek. «Auf die Barrikaden».
In Kairo am «Arabischen Frühling»
Die Linke hat wieder eine Stimme. Zudem gelang es der 36-Jährigen, durch ihre Präsenz auf Social Media, ein jüngeres Publikum zu erreichen, was der Partei bis anhin nicht wirklich gelungen war. Bei den 18- bis 24-Jährigen wurde Die Linke stärkste Partei mit 25 Prozent.
Reichinnek wurde in Sachsen-Anhalt geboren und ist studierte Nahost-Expertin. Von September 2010 bis Juni 2011 weilte sie in Kairo und erlebte den Beginn der Aufstände des «Arabischen Frühlings» mit. Ein Tattoo an ihrem linken Oberarm zeugt von dieser Zeit. Es zeigt die ägyptische Königin Nofretete mit einer Gasmaske und ist den Frauen dieser Zeit gewidmet. «Es symbolisiert zum einen die Rolle der Frauen, aber auch die Rolle dieser Menschen, die so unglaublich frustriert waren, die sagten: ‹Wir gehen jetzt auf die Strasse, egal was passiert›», schrieb sie dazu auf Tiktok. Am Unterarm prangt zudem Rosa Luxemburg, ihr politisches Vorbild. Bei den Jungen, die sie für die Politik begeistern will, scheint sie damit anzukommen.