Ein wichtiger Schritt ist getan, damit am Montag möglicherweise bereits mit den Eröffnungsplädoyers im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump (77) begonnen werden könnte. In New York einigten sich nach tagelangen Befragungen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und der Vorsitzende Richter Juan Merchan auf zwölf Geschworene. Jetzt braucht es noch etwa sechs Ersatzkandidaten, falls jemand ausfallen sollte.
Die Jury-Auswahl hatte sich schwierig gestaltet. Zwei Mitglieder, die am Dienstag bereits eingesetzt worden waren, wurden am Donnerstag wieder freigestellt. Eine Frau hatte Sorge, dass ihre Identität öffentlich werden könnte. Bei einem Mann gab es Zweifel an der Glaubwürdigkeit einiger seiner Aussagen.
Sie verfolgen persönliche Motive
Doch auch wenn am Schluss die Jury, die nach bestem Wissen und Gewissen ausgewählt wurde, steht, bleibt sowohl bei der Staatsanwaltschaft sowie bei den Verteidigern des ehemaligen US-Präsidenten eine Angst – und zwar vor «Stealth Jurors», auf Deutsch «Schurkenjuroren». Diese verfolgen persönliche Motive und haben sich ihre Meinung vorab schon gemacht.
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Diese Befürchtung hat auch die New Yorker Anwältin Colleen Kerwick. Gegenüber «Newsweek» sagt sie, dass «Kandidaten bei den Befragungen ihre Absichten verheimlichen könnten, um sich einen Platz in der Jury zu ergattern und den Prozess zu beeinflussen». Und US-Rechtsexperte Stephen Duffy meint zu «The Independent»: «Ich habe überhaupt keine Zweifel daran, dass es im Pool der Kandidaten für die Geschworenen solche gibt, die unbedingt in die Jury wollen.» Es seien Kandidaten, die von vornherein für oder auch gegen Trump seien.
Um solche Schurkenjuroren zu identifizieren, betreiben alle Parteien bei Prozessen dieses Ausmasses ein Heer an Ermittlern, die die Geschworenen-Kandidaten durchleuchten und in deren Vergangenheit wühlen. Denn am Schluss muss das Urteil einstimmig gefällt werden. Bei nur einer abweichenden Stimme würde der Prozess gegen Trump für gescheitert erklärt werden und ohne Urteil zu einem Ende kommen.
«Erwarten nicht, dass sie unter einem Stein gelebt haben»
Dennoch ist klar, dass eine komplett neutrale Haltung praktisch nicht erwartet werden kann. So gut wie jeder und jede hat in den vergangenen Jahren schon mal von Trump gehört und sich Gedanken zum voraussichtlichen, republikanischen Präsidentschaftskandidaten bei den US-Wahlen im November 2024 gemacht. «Wir erwarten nicht, dass Sie die letzten acht oder die letzten 30 Jahre unter einem Stein gelebt haben», sagte der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt Joshua Steinglass am 16. April zu einer Gruppe potenzieller Geschworener. «Aber konzentrieren Sie sich auf die Beweise.»
Hintergrund des Falls ist, dass Trump 2016 kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 130'000 US-Dollar Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels (45) zahlen liess. Sie hatte behauptet, Sex mit ihm gehabt zu haben. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Schweigevereinbarungen zwischen zwei Parteien sind nicht grundsätzlich illegal. Trump wird aber vorgeworfen, er habe die Zahlungen unrechtmässig verbucht, auf illegale Weise zu verschleiern versucht und damit andere Gesetzesverstösse vertuschen wollen. In unserem Ticker findest du alle News zum laufenden Prozess.
Mit Material der SDA