Sergiy Gayday schickt Blick einen Hilferuf aus der umzingelten Region Luhansk
«Mörser, Raketen, Panzerfäuste: Alles wird beschossen»

Im Osten der Ukraine bereiten die russischen Truppen einen massiven Angriff vor. Der in die Enge getriebene Gouverneur von Luhansk meldet sich mit einem Hilferuf und schreibt Blick, was er von Putin nach der Ukraine-Invasion erwartet.
Publiziert: 08.04.2022 um 18:25 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2022 um 10:48 Uhr
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Sergiy Gayday, Gouverneur der Oblast Luhansk, wird von russischen Truppen umzingelt.
Foto: Facebook, Screenshot
Guido Felder

Im Osten der Ukraine tobt der Krieg besonders schwer. Russische Truppen versuchen zurzeit, das ukrainische Militär mit einem 400 Kilometer langen Viertelkreis in die Enge zu treiben und anzugreifen. Mittendrin: Sergiy Gayday (46), Gouverneur der Oblast Luhansk.

Blick gelang es am Donnerstagabend, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Gayday ist verzweifelt. «Artillerie, Mörser, Raketen, Panzerfäuste: Das gesamte Gebiet der Oblast Luhansk, das sich unter ukrainischer Kontrolle befindet, wird beschossen!», schreibt der Gouverneur per Mail.

Er selber sei mit der Verteilung von humanitären Gütern, der Evakuierung der Bevölkerung, der Instandsetzung der zerbombten Infrastruktur, der Unterstützung des Militärs, der Organisation von medizinischen Rettungsfahrzeugen und Medikamenten sowie vielen weiteren Aufgaben beschäftigt.

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Als Nächstes die baltischen Staaten

Der russische Präsident Wladimir Putin (69) werde in der Ukraine nicht locker lassen, ist der von Präsident Wolodimir Selenski (44) eingesetzte Leiter der regionalen Staatsverwaltung überzeugt. «Sollte er gewinnen, wird er bald die baltischen Staaten angreifen.» Er selber jedenfalls werde seine Aufgabe «bis zum Ende» erfüllen, betont Gayday.

Die Ukrainer kämpfen für Frieden und Ruhe in ganz Europa, hält Gayday fest. Er hoffe, dass die europäischen Länder wenigstens etwas von Selenskis Mut zeigten, um härter gegen «den Kriegsverbrecher Putin» vorzugehen. Gayday: «Sonst werden in den Strassen von Warschau, Berlin und andern Städten ebenfalls Bomben abgeworfen.»

Blick hatte bereits zwei Wochen vor der Invasion mit Gayday über die Bedrohung durch Russland gesprochen. Dass Putin tatsächlich Ernst macht und die Ukraine angreift, hatte er schon da befürchtet. Damals hielt er fest: «Ich bleibe, egal was passiert.»

Russen greifen vorsätzlich Spitäler an

Nun tobt der Krieg seit mehr als einen Monat – und hat tiefe Spuren hinterlassen. Auf Facebook klagt Gayday darüber, dass in seiner Region kein Spital mehr funktioniere. «Seit Beginn des Krieges wurde jede medizinische Einrichtung in unserer Region beschossen.»

Dazu veröffentlichte er Bilder des zerstörten Krankenhauses der Stadt Rubischne. «Neu. Modern. High-Tech-Ausrüstung. Das war einmal …», so Gayday. Die russischen Truppen würden das Gebiet vorsätzlich aller Gesundheitseinrichtungen berauben, «damit die Verwundeten keine Chance haben zu überleben».

Nach Angaben aus Kiew liefern sich ukrainische Einheiten und russische Truppen derzeit im Gebiet Luhansk schwere Gefechte, auch um Rubischne. Die Russen hätten den Teil der Stadt besetzt, in dem sich das Spital befinde, teilt Gayday weiter mit.

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Zuerst den Osten, dann Kiew?

Die russische Armeeführung hatte angekündigt, sich auf die Einnahme der ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk zu konzentrieren, die von den moskautreuen Separatisten beansprucht werden.

Das ukrainische Militär erwartet aber, dass Russland eine Eroberung von Kiew noch nicht endgültig aufgegeben hat. «Der Feind hat die Richtung geändert und wird versuchen, in naher Zukunft die Kontrolle über die Gebiete Donezk und Luhansk zu übernehmen», sagte der Vizestabschef des Heeres, Olexander Hrusewytsch. «Danach müssen wir mit einem weiteren Angriff auf die Hauptstadt rechnen.»

Derzeit gebe es im Gebiet Kiew «eine kleine Pause». Diese werde genutzt, um Personal auszubilden und die Verteidigung auszubauen. Die Ukraine wolle für einen neuen Angriff auf Kiew gerüstet sein, sagte Hrusewytsch.

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