Jason Padgett (54) brach das College ab. Im Nachhinein bezeichnet er sich selbst als «Faulenzer». Der Amerikaner arbeitete stattdessen im Möbelhaus seines Vaters. In Kontakt mit Zahlen sei er höchstens dann gekommen, wenn er die Stunden bis zum Feierabend gezählt habe.
Am 13. September 2002 änderte sich Padgetts Leben schlagartig. Er wollte sich in einer Karaokebar vergnügen, als er von zwei Männern angepöbelt wurde, wie «Focus» berichtet. Die beiden traten ihn mit den Füssen und schlugen auf seinen Hinterkopf ein. Erst als er ihnen seine Lederjacke gab, liessen sie von ihm ab.
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«Jeder Strahl ist eine Repräsentation der Zahl Pi»
Padgett wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo eine schwere Gehirnerschütterung festgestellt wurde – trotzdem konnte er bereits in derselben Nacht wieder nach Hause. Am nächsten Morgen stand der damals 30-Jährige auf und ging ins Badezimmer. Dort sei er plötzlich vom Wasser, das «perpendikulär aus dem Hahn herausströmte», fasziniert gewesen.
Der Schulabbrecher wurde besessen von Mathematik. Als er in die Sonne schaute, habe er begriffen: «Jeder der Strahlen ist eine Repräsentation der Zahl Pi.» Auch die Relativitätstheorie von Albert Einstein (1879–1955) leuchtete Padgett völlig ein.
Panische Angst vor Keimen
Als er dann im Fernsehen eine BBC-Doku über das Savant-Syndrom sah, wusste er: «Das ist es. Das ist mit mir passiert.» Weltweit gibt es nur knapp 100 Fälle des Syndroms. Bei diesem entwickeln Menschen eine aussergewöhnliche Begabung für kleine Teilbereiche, während sie jedoch kognitive Behinderungen oder Entwicklungsstörungen erleiden.
Padgett entwickelte gemeinsam mit seiner Mathematik-Begabung eine panische Angst vor Keimen und wäscht deshalb nun andauernd die Hände. Der Amerikaner begann ein Studium, brach es wegen Geldproblemen dann aber wieder ab. Heute hält er Vorträge und verkauft seine eigenen Kunstwerke. Sein altes Leben wolle er nicht zurück, aber manchmal vermisse er die unschuldige Unwissenheit über das Leben. (obf)