Selenskis Betteln um Raketen hat sich gelohnt
USA erwägen ATACMS-Lieferung an die Ukraine

Die Gegenoffensive in der Ukraine läuft nicht so erfolgreich, wie gedacht. Die Russen haben aus ihren Fehlern gelernt. Monatelang bat die Ukraine um Lieferungen der ballistischen ATACMS-Rakete. Nun könnte die USA zustimmen.
Publiziert: 29.06.2023 um 22:04 Uhr
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Aktualisiert: 30.06.2023 um 10:32 Uhr
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Seit Monaten hoffen die Ukrainer auf ATACMS-Lieferungen aus den USA.
Foto: Wikipedia
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Jenny WagnerRedaktorin News

Immer wieder forderte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) ATACMS von den USA. Obwohl der amerikanische Präsident Joe Biden (80) der Ukraine Hilfspakete im Wert von über 40 Milliarden Dollar zusicherte, wurden die Bitten um das amerikanische Raketensystem bislang stets abgelehnt. Bis jetzt.

Offenbar beurteilt Biden nach den jüngsten Ereignissen in Russland die Lage neu. Ein hochrangiger Beamter sagte gegenüber dem «WSJ», Kiew habe in den letzten Wochen positive Signale erhalten, dass die USA in Bezug auf das ATACMS-System umgeschwenkt seien. Doch warum ist Kiew so scharf auf die amerikanischen Raketen?

Die ATACMS ist eine amerikanische ballistische Kurzstreckenrakete – allerdings mit einer höheren Reichweite. Die Abkürzung steht für Army Tactical Missile System. Zwar handelt es sich nicht wirklich um eine Langstreckenrakete, aber eine Rakete mit höherer Reichweite. Die MGM-140 ATACMS erreicht Ziele in 300 Kilometern Entfernung – so weit wie auch die britischen Storm Shadows, die in die Ukraine geschickt wurden. Sie ist präziser und besser steuerbar, als andere Raketen.

MGM-140 ATACMS schwerer abzufangen

Die MGM-140 ist vier Meter lang und hat einen Durchmesser von 61 Zentimetern. Sie ist mit einem Gewicht von über 1600 Kilogramm ein echter Koloss. Und sie verfehlt ihr Ziel dank genaustem GPS nicht.

Für das Schlachtfeld wären ATACMS-Lieferungen an die Ukraine ein echter Gamechanger. Im Gegensatz zu Marschflugkörpern werden ballistische Raketensysteme vom Boden in 50 Kilometer Höhe geschossen und fliegen dadurch besonders weit. In Form einer Parabel schlägt die Rakete mit bombastischer Kraft im Ziel ein.

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Ein weiterer entscheidender Vorteil: ATACMS können von Himars-Raketenwerfern abgeschossen werden – und diese sind in der Ukraine bereits in grossen Mengen verfügbar. Für die Russen wäre es schwieriger, die Flugbahn der MGM-140 vorherzusagen und die Rakete so abzufangen.

Die MGM-140 ATACMS wirft Bomblets, also mehrere Bomben mit Streumunition. Damit kann eine Fläche von 33'000 Quadratmetern abgedeckt werden – so viel wie mehrere Fussballfelder. Aber nicht nur das, die Gegenoffensive der Ukraine liesse sich militärisch besser von Kiew aus unterstützen.

Wenn die Ukraine die ATACMS bekommt, kann sie Raketen der Gegner bekämpfen, taktische Raketenwerfer zerstören, die Luftabwehr ausschalten sowie Kommunikationskomplexe bekämpfen und die Logistik stören.

USA könnten den Moment nutzen

Als Grossbritannien im Mai Storm-Shadow-Lieferungen ankündigte, wurde darüber spekuliert, ob die USA nun nachzieht. Doch Biden hielt sich zurück. Dabei haben ATACMS den grossen Vorteil, dass sie kleiner und leichter zu transportieren sind, als Storm Shadows.

Die Lieferung hat einen hohen Preis. Laut Angaben vom Fachmagazin «militray-today» kostet eine einzige Patrone 820'000 Dollar (737'000 Franken). Doch Biden zögert nicht deshalb mit den Lieferungen, sondern weil er fürchtet, dass ATACMS-Lieferungen im Kreml als Provokation interpretiert werden können. Doch jetzt könnte der richtige Moment gekommen sein, da Russland innenpolitisch mit Unruhen zu kämpfen hat.

Klar ist: Wenn Kiew die ATACMS erhält, hat die Ukraine mehr Chancen russischen Angriffen auszuweichen und Stellungen zu zerstören. Bisher haben weder das Weisse Haus, noch das Pentagon auf eine Anfrage des «WSJ» reagiert.

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