Es brodelte schon länger zwischen dem ukrainischen Oberbefehlshaber Waleri Saluschni (50) und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (46). Doch am Donnerstag ist endgültig Schluss – Saluschni muss gehen. «Heute kommt ein neues Führungsteam an die Spitze der ukrainischen Streitkräfte», sagt Selenski in einer Ansprache. Gemeint ist Alexander Sirski (58).
Sirski wurde 1965 in der russischen Oblast Wladimir nahe Moskau geboren, ging dort zur Schule und wurde militärisch in der russischen Hauptstadt ausgebildet. Seine Eltern sowie sein Bruder sollen nach wie vor in Russland leben – und laut russischen Medien sogar Unterstützer von Kremlchef Wladimir Putin (71) sein.
Umzug in die Ukraine
1980 zog Sirski dann in die Ukraine – und wurde hier zum Nationalhelden. Bereits 2014, als Russland die Krim annektierte, fiel er durch seine Leistungen für die ukrainischen Streitkräfte auf. Seit 2019 leitete er als Kommandeur die Bodentruppen der ukrainischen Streitkräfte.
Als Russland im Februar 2022 die Ukraine angriff, war es Sirski, der die Verteidigung Kiews leitete. Dafür zeichnete Selenski ihn mit dem Titel «Held der Ukraine» aus. Als die Russen im März 2022 Kurs auf Kiew nahmen, liess der General den Staudamm am Fluss Irpin sprengen.
Sirski sorgte für einige Siege
Viele Siege der ukrainischen Armee im ersten Kriegsjahr hat Sirski zu verantworten. Im September 2022 war er verantwortlich dafür, dass die russische Armee die Offensive in Charkiw aufgab. Sirski hisste in der Kleinstadt Balaklija die ukrainische Flagge, nachdem Russland sie monatelang besetzt gehabt hatte. Weitere Teile des Ostens und des Südostens der Ukraine konnten unter seiner Führung zurückerobert werden.
Auch in Bachmut hielten die ukrainischen Streitkräfte monatelang Stellung. Der Kampf gegen die Russen war zermürbend. Schliesslich eroberten Wagner-Söldner die Stadt zurück – doch Sirski war der Meinung, dass die Ukrainer damals erheblichen Schaden bei der russischen Armee anrichteten.
Saluschni war Sirski unterstellt
Laut «Economist» wird Sirski von seinen Kollegen als «obsessiver Planer» bezeichnet. Seine Kampftechnik fusst auf seiner sowjetischen Ausbildung. Im Gegensatz zu russischen Generälen, die dieselbe Ausbildung genossen haben, setzt er aber auf hybride Kriegsführung und bleibt im Kontakt mit seinen Soldaten, um die Moral aufrechtzuerhalten. Er selbst erzählte westlichen Medien, dass er nur viereinhalb Stunden schlafe und «süchtig» nach dem Sport sei.
Der acht Jahre jüngere Saluschni war Sirskis Kommando einst untergestellt, bevor er 2021 zum Chef der ukrainischen Streitkräfte ernannt wurde. Insider glaubten bereits im Sommer, dass Sirski in Saluschnis Fussstapfen treten könnte. Denn der abgesetzte Oberbefehlshaber wurde Selenski zu gefährlich. Er befürchtete, Saluschni könnte zu einem politischen Gegner werden. Saluschni war zu kritisch, zu beliebt und zu gefährlich geworden. «Ich habe General Saluschni angeboten, weiterhin Teil des Teams des ukrainischen Staates zu sein», sagte Selenski in seiner Ansprache. Welche Funktion den Ex-Armeechef dort erwartet und ob er das Angebot annimmt, ist unklar.