Selbst für den ukrainischen Feind ein psychologischer Schock
Russland schickt «Wegwerf-Infanterie» auf Amphetaminen ins Schlachtfeld

Russland schickt offenbar eine «Wegwerf-Infanterie» an der Front in den Tod – Berichten zufolge unter Amphetamin-Einfluss. Das ist nicht neu in Kriegen. Wie aber Russen in ihren Tod stürmen, das ist offenbar auch für ukrainische Truppen ein psychologischer Schock.
Publiziert: 01.08.2023 um 00:32 Uhr
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Aktualisiert: 01.08.2023 um 21:34 Uhr
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Ukrainische Infanteristen patrouillieren an der Frontlinie nahe Luhansk.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Beim Kampf um Leben und Tod im Krieg werden oftmals alle Regeln gebrochen. Jeder Meter zählt, Menschenrechte verkommen zur Makulatur. Um eigene Kämpfer anzufeuern und den Feind zu brechen, wird in Kriegen auch seit Gedenken auf den Konsum von nichtalkoholischen Drogen wie Opium, Heroin, Cannabis und Amphetamin gesetzt. Wie Berichte zeigen, setzt das russische Militär an der Front in der Ukraine auf diese selbstmörderische Taktik.

Die russischen Streitkräfte schicken offenbar «Wegwerf»-Soldaten in den Kampf gegen die Ukraine, vollgepumpt mit Amphetaminen. Dies, um sicherzustellen, dass sie «immer noch ins Feuer von Maschinengewehren rennen», so Mick Ryan, ein pensionierter Generalmajor der australischen Armee und viel zitierter Militärstratege.

«Das ist nichts Neues, Truppen unter Drogeneinfluss vorzuschicken, es kommt in der Militärgeschichte eigentlich ziemlich häufig vor», sagte der Militärexperte dem Wirtschaftsmagazin «Business Insider». Manchmal würden im Krieg «gute Führung und guter Teamaufbau durch Drogen ersetzt», so Ryan. «Das ist es, was einige Armeen tun, um sicherzustellen, dass ihre Soldaten weiterhin in Maschinengewehrsalven rennen.» So auch in der Ukraine.

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«Scharmützeln, bis sie getötet werden»

Viele Länder haben ihre Soldaten in Kriegen mit leistungssteigernden Drogen versorgt. In Grossbritannien gab es während des Ersten Weltkriegs Heroinspritzen als Geschenke für die Truppen zu kaufen. Die Nazis pumpten ihre Männer mit Pervitin voll, einer frühen Form von Methamphetamin, um ihre Kampfkraft zu erhöhen und die Todesangst zu nehmen. Das US-Militär verteilte im Vietnamkrieg Schmerzmittel und Aufputschpillen – bekannt als Speed – an Soldaten.

Ein britischer Militärbericht zitierte im Mai Aussagen von ukrainischen Militärangehörigen. Offenbar schienen russische Soldaten, denen sie begegneten, «unter dem Einfluss von Amphetaminen oder anderen narkotischen Substanzen» zu stehen.

Die Männer, die am ehesten unter Drogeneinfluss kämpfen, sind in Russlands sogenannter «Wegwerf-Infanterie». Dort sind hauptsächlich Wehrpflichtige aus den annektierten Volksrepubliken Luhansk und Donezk sowie Gefangene, die in Wagner-Söldnerreihen dienen. Dem Bericht zufolge werden diese «Wegwerftruppen» in kleinen Gruppen geschickt, um sich mit der ukrainischen Verteidigung zu «scharmützeln, bis sie getötet werden».

«Zombie-Wellen» bei Bachmut

Ukrainische Truppen haben festgestellt, dass viele der aufgeputschten russischen Soldaten weiter vorrücken, selbst wenn sie verletzt sind. Auf dem Schlachtfeld sichergestelltes Material deute darauf hin, dass die russischen Soldaten die Substanzen höchstwahrscheinlich in flüssiger Form einnehmen. Viele scheinen vom synthetischen Amphetamin Mephedron aufgeputscht und abhängig – in Russland auch als «Salz» bekannt.

Auch während intensiver Kämpfe im Frühling in Bachmut war von russischen «Zombiewellen» zu hören: von Kampfeinheiten, die rücksichtslos versuchten, die ukrainischen Linien zu überwinden. Die Taktik erinnerte an die selbstmörderischen Banzai-Angriffe Japans während des Pazifikkrieges. «Banzai» ist ein japanischer Kampfschrei der Infanterie. Ähnlich wie bei den aussichtslosen Kamikaze-Angriffen von Piloten, war ein Kampftod der höchsten Schmach einer Gefangennahme vorzuziehen.

«Werden getötet und kommen wieder»

Zu sehen, wie die Russen ihrem Tod entgegenstürmten, war offenbar auch für die ukrainischen Truppen ein psychologischer Schock. «Jeden Tag, fünf bis sechs Mal am Tag, rückten Gruppen von 10 bis 15 Personen durch die Baumgrenze auf unsere Infanterieposition zu», zitierte die «New York Times» im März den Medienoffizier einer Fronteinheit. «Sie werden getötet und kommen wieder.»

«Psychologisch ist es schwierig», so der Offizier. «Es ist etwas Unsichtbares. Unsere Jungs fragen sich, ob sie auf Drogen sind. Wie könnten sie sonst in den sicheren Tod gehen und über die verrottenden Leichen ihrer Kollegen steigen? Da kann man schon ein bisschen verrückt werden.»

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