Schweizer Rentner in Thailand
So komme ich mit 1470 Franken AHV über die Runden

Ein Rentner aus dem Kanton Zürich erzählt, warum er seinen Lebensabend in einem anderen Land verbringt. Wie man dort mit wenig Geld würdevoll leben kann – und was er von den jüngsten Vorwürfen gegen Auslandschweizer hält.
Publiziert: 15.04.2025 um 20:42 Uhr
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Aktualisiert: 15.04.2025 um 22:50 Uhr
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David K. (Name geändert) lebt seit drei Jahren in Thailand.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Schweizer Rentner lebt in Thailand mit knapper AHV-Rente
  • Miete beträgt rund 210 Franken monatlich, Strom und Wasser fallen günstig aus
  • Nach einem Rückschlag hat er seine Liebe gefunden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sandra MeierJournalistin News

Es ist nur ein kleines Haus, aber es bietet alles, was man braucht: eine grosse Veranda, Wohnzimmer, Bad, Küche, Schlafzimmer. Hier, nahe Hua Hin, knapp 180 Kilometer von Bangkok entfernt, lebt der Schweizer Rentner David K.*. Vor drei Jahren wagte er den Neuanfang. «Ich brachte 110 Kilo auf die Waage, das Herz arbeitete am Limit. Heute wiege ich unter 90», sagt er zu Blick.

Der 67-Jährige kennt Thailand seit Ende der 90er-Jahre. Ab 2006 reiste er regelmässig ins Land – bis er 2022 ganz auswanderte. Seine Rente reicht in der Schweiz nicht zum Leben. «Ich bekomme 1470 Franken AHV. Ohne Vermögen. Aber hier funktioniert das.» Die Miete: rund 210 Franken im Monat. Das Wasser ist billig, der Stromverbrauch überschaubar – auch, weil Klimaanlagen nur dosiert genutzt werden. 

«Gier, Neid und Missgunst in der Schweiz verbreitet»

Die Kritik aus der Heimat, er lebe als «Gratisbürger» auf Kosten der Schweiz, lässt er nicht stehen. «Wenn ich ehrlich bin, überrascht mich die Haltung gewisser Leute nicht. Gier, Neid und Missgunst sind in der Schweiz weit verbreitet.» Über 40 Jahre habe er gearbeitet und seine Beiträge einbezahlt, betont K. «Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, zu verlangen, dass meine AHV nur Schweizern im Inland zugutekommen soll. Wir haben uns das redlich verdient. Und das Leben in Thailand ist auch nicht gratis.»

Gegen das Stigma wehrt er sich vehement. «Ich bin Schweizer Bürger und habe meine Verpflichtungen stets erfüllt. Wer uns als Schmarotzer bezeichnet, verkennt die Realität.» Sein Eindruck: Viele in der Schweiz seien finanziell am Anschlag.

In Thailand lebt K. einfach, aber nicht ärmlich. Ein Müsli zum Frühstück, viel Wasser, kaum Alkohol, kein Fast Food. «Ich esse, was die Thais essen – einfach, frisch, gut.» Was er aus seiner alten Heimat vermisst: «Zürigeschnetzeltes», kommt es wie aus der Pistole geschossen. David K. lacht. Zudem: kaltes Wasser aus dem Hahn – in Thailand sei es immer lauwarm. Und die Spaziergänge am Zürichsee.

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Respekt ist die halbe Miete

Trotz seiner Zuneigung zum Land beobachtet er eine Veränderung: «Thais sind tendenziell nicht mehr so wohlwollend gegenüber Farangs, die sich nicht anpassen.» Farangs – das sind Ausländer und Ausländerinnen. Viele von ihnen würden sich kaum um Sprache oder Kultur bemühen. «Wenn man ein paar Brocken Thai kann und sich respektvoll verhält, verändert sich sofort die Stimmung. Ein Kompliment fürs Essen, ein Gruss in der Landessprache – das kommt an.» Er appelliert an Schweizer, die nach Thailand wollen: «Lernt ein bisschen Thai. Zeigt Respekt. Benehmt euch.»

Das gelte etwa in öffentlichen Einrichtungen: «Ich gehe nie mit Shorts aufs Amt oder in den Tempel. Lange Hosen, höflicher Ton, keine ausgestreckten Füsse in Richtung Thais – das gehört sich einfach.» Wer das missachtet oder gar ausfällig oder tätlich wird, riskiere Missverständnisse und Ablehnung bis hin zu rechtlichen Problemen. «Wenn du als Ausländer in Thailand recht bekommen willst, brauchst du einen exzellenten Juristen.» In extremen Fällen könne nicht einmal dieser weiterhelfen.

Fernbeziehung endet im Schock

2006 lernte er eine Thai kennen und verliebte sich. Es entstand eine Fernbeziehung, eine Ehe, zwei Kinder kamen zur Welt. Auch deshalb wollte David K. nach Thailand: Um mit seiner Familie zusammenleben zu können. Doch bei der Ankunft der Schock: Seine Frau hatte mehrere Affären. K. reichte die Scheidung ein.

13 Jahre lang schickte er monatlich 50’000 Baht (umgerechnet knapp 1280 Franken) aus der Schweiz, um seine Familie zu unterstützen. Frauen mit ausländischen Partnern würden von Thai-Männern umworben, erklärt K. Es geht ums Finanzielle. 

Heute hat er sein Glück mit einer neuen Partnerin gefunden – «eine Frau mit Herz», wie er sagt. Sie koche gut, sie lachen viel, sie verbringen Zeit mit ihren Töchtern. «Ich unterstütze sie gerne. Viele Thai-Männer verschwinden nach der Geburt. Ich will da sein.»

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Er spürt keinen Druck mehr

Trotz knapper Mittel fühlt er sich besser denn je. Er geht viel spazieren, verfolgt internationale Nachrichten. Sein Rat an alle, die mit dem Gedanken spielen, auszuwandern: «Rechnet ehrlich durch. Wo könnt ihr mit eurer Rente gut leben? Thailand kann funktionieren – aber nur, wenn man sich anpasst und vorbereitet.» Sein Aufenthaltsrecht hat er sich für 27’000 Franken über das «Thai Elite Superiority Visa» gesichert – gültig für 20 Jahre.

«Ich spüre keinen Druck mehr. Keinen Konkurrenzkampf wie in der Schweiz. Ich habe hier Ruhe gefunden.» Zurückkehren? Keine Option. «Ich bin angekommen – und mein Körper sagt mir: Es war die richtige Entscheidung.»

*Name geändert


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