Schweizer Kinderdorf in unmittelbarer Nähe zur Gewalt
«Der Leiter und Mitarbeitende wurden als Reservisten eingezogen»

Das Schweizer Kinderdorf Kiriat Yearim liegt in unmittelbarer Nähe zum aktuellen Kriegsschauplatz im Nahen Osten. Die Bewohner sind verängstigt – der Leiter und Mitarbeitende wurden zum Militärdienst einberufen.
Publiziert: 16.10.2023 um 19:45 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2023 um 21:37 Uhr
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Amir Bernstein und Daniela Gnägi Bernstein, Co-Präsidenten des Vereins Kiriat Yearim.
Foto: zvg
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Sandro ZulianReporter News

Der Krieg in Israel hat auch Auswirkungen auf das Schweizer Kinderdorf Kiriat Yearim. Es liegt nur fünf Kilometer von der Grenze zu Palästina entfernt.

Das Dorf beherbergt traumatisierte und sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche. Ursprünglich wurde es 1951 für Kinder gegründet, die dem Holocaust entkommen waren. Nun ist der Krieg praktisch vor der Haustür angekommen.

Die Situation sei zwar ruhig, die Sicherheitslage aber prekär, sagt Amir Bernstein (54), Co-Präsident des Vereins Kiriat Yearim. Er führt das Schweizer Hilfswerk für benachteiligte Kinder und Jugendliche in Israel zusammen mit seiner Frau Daniela Gnägi Bernstein (53). «In der Umgebung sind verschiedentlich Raketen eingeschlagen. Das Dorf selbst aber blieb zum Glück verschont», sagt er gegenüber Blick.

Dorfleiter und Teammitglieder wurden von der Armee eingezogen

Da sie bei Ausbruch der Gewalt das Laubhüttenfest bei ihren Familien gefeiert hatten, seien die Kinder nicht im Dorf. «Unser Dorfleiter Yedidya Hazani und zahlreiche Mitarbeitende wurden als Reservisten eingezogen und sind im Militärdienst», so Bernstein. Die Interimsleitung stünde in ständigem Kontakt zu den Kindern.

Zweimal am Tag werden Onlinetreffen durchgeführt, bei denen die Kinder und Jugendlichen Fragen stellen und über ihre Gefühle reden können. Spezielles Augenmerk gehöre den zwölf Schülerinnen und Schülern, die in unmittelbarer Nähe zum Gazastreifen wohnen.

«Trauma für Generationen»

«Wir waren geschockt, entsetzt und völlig hilflos», sagt Bernstein. Seit dem Holocaust sei es nicht mehr vorgekommen, dass so viele Juden an einem einzigen Tag getötet wurden. «Und das im eigenen Land. Das wird ein Trauma für Generationen sein.»

Die Bilder, die auf Social Media kursieren, erschweren die Situation: «Was das bei Kindern und Jugendlichen anrichtet, die ohnehin schon aus schwierigen Verhältnissen kommen und psychische Probleme haben, vermag man sich nur schwer vorzustellen.»

Nicht einmal Erwachsene begreifen Krieg bislang

Am schwierigsten sei es, Krieg einem Kind gegenüber zu erklären, sagt Bernstein: «Die Erwachsenen verstehen das Ganze selbst noch nicht». Wichtig sei, «dass die Kinder über ihre Ängste reden können und trotz der momentanen Distanz den Zusammenhalt in der Klasse spüren».

Der Vorstand des Kinderdorfs Kiriat Yearim Schweiz hat bereits ein Sonderbudget genehmigt, um das psychologische Team zu verstärken und zusätzliche Sicherheitskräfte einzustellen. Falls nötig, werden Kinder und deren Eltern, die vor dem Krieg fliehen müssen, im Dorf aufgenommen. 

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