Ein Drohnenangriff auf einen russischen Öltanker, ein weiterer auf ein russisches Kriegsschiff und viele mehr auf die Infrastruktur der von Russland annektierten Halbinsel Krim: Das ukrainische Militär will die Russen im Schwarzen Meer das Fürchten lehren.
Und ans Aufhören denken die Ukrainer noch lange nicht. Am Samstag kündigte Kiew ein «Kriegsrisikogebiet» um russische Häfen am Schwarzen Meer an. Kurz vor dem Angriff auf den Öltanker teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit, dass russische Schiffe «nicht mehr sicher» seien.
Das Land will seine Drohnenangriffe auf russische Ziele ausweiten, wie der Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow (60), auf Twitter mitteilte. Das bestätigen auch die Experten des amerikanischen Thinktanks The Institute for the Study of War. «Diese Angriffe sind Teil einer gezielten Störkampagne», heisst es im neusten Bericht. Das Schwarze Meer wird zu einer neuen Kriegsfront.
«Operationen sind völlig legal»
Der Kampf um die Vorherrschaft im Schwarzen Meer spitzt sich rasch zu. Grund dafür ist auch der geplatzte Getreide-Deal. Im Juli hat Russland angekündigt, den von der Uno organisierten Deal nicht mehr zu verlängern. Kurz darauf erfolgten erste russische Angriffe auf ukrainische Häfen im Schwarzen Meer.
Nun schlägt die Ukraine mit voller Kraft zurück. «Alles, was mit den Schiffen der Russischen Föderation geschieht, ist ein absolut logischer und effektiver Schritt in Bezug auf den Feind. Ausserdem werden solche Spezialoperationen in den Hoheitsgewässern der Ukraine durchgeführt und sind völlig legal», sagte Vasyl Malyuk (40), Leiter des Sicherheitsdiensts der Ukraine in einer Erklärung am Samstag.
Experten warnen vor Eskalation
Dieser Plan könnte aber auch nach hinten losgehen – das zumindest die Sorge einiger Experten. So erklärt der OSINT-Experte «The Lookout», der sich mit der russischen Marine beschäftigt, auf Twitter: «Ich verstehe, warum die Ukraine dies tut, aber ich hoffe, dass dahinter ein guter, gut durchdachter Plan steckt. Wenn nicht, besteht die Gefahr, dass wir auf eine schiefe Bahn geraten, die böse enden könnte.»
Denn: Es könnte passieren, dass die Ukraine russische Schiffe beschiesst, die unter Kriegsrecht gar nicht als feindliche Schiffe gelten. Wenn diese Kampagne in wahllose Angriffe auf russische Handelsschiffe ausartet, könnte das die internationale Unterstützung gefährden. Ob das beim getroffenen Öltanker der Fall war, ist unklar – denn dieser soll Öl an russische Truppen in Syrien geliefert haben und seit 2019 von den USA sanktioniert sein.
Zudem sei die Reaktion Russlands schlecht einzuschätzen. Laut «The Lookout» könnte es zu einer horizontalen Eskalation des Kriegs kommen. Heisst: Der Krieg könnte sich auch auf andere Gebiete ausweiten, da diese Angriffe meist in internationalen Gewässern stattfinden. Allerdings gilt noch immer zu betonen, dass Russland bereits neutrale Schiffe der Ukraine angegriffen hat.