Ein Schock-Video sorgt in Australien für Empörung. Der Clip sollte für die Impfkampagne der Regierung werben. Doch der Schuss ging nach hinten los.
Das Video zeigt eine junge Frau im Spitalbett. In ihrer Nase stecken Schläuche, die Verzweiflung steht ihr ins Gesicht geschrieben, im Hintergrund piepsen medizinische Geräte. «Einige Zuschauer könnten das Video als verstörend empfinden», warnt die australische Gesundheitsbehörde im Vorspann. Anschliessend zeigt der Film für mehrere Sekunden, wie die Frau nach Luft ringt und ihren Kopf nach Hilfe suchend hin und her wirft.
Brennpunkt Sydney
Mit der Kampagne sollten an erster Stelle die Menschen in New South Wales zum Impfen bewegt werden. Der Bundesstaat mit rund 8,2 Millionen Einwohnern, zu dem auch die Grossstadt Sydney gehört, gilt im Zusammenhang mit der sich ausbreitenden Delta-Variante als Corona-Brennpunkt.
Die Corona-Zahlen sind in Australien bis heute auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau geblieben. Die Impfkampagne ist dementsprechend weniger weit fortgeschritten als anderswo. Mit dem Clip wollte die Regierung nun auch jüngere Menschen ansprechen und zum Impfen animieren. Das Problem: Menschen unter 40, wie die im Video gezeigte Frau, können in Australien noch gar keine Impfung mit dem von der Regierung empfohlenen Vakzin von Pfizer/Biontech bekommen.
«Komplett unanständig»
Am Ende des Spots heisst es, «Covid-19 kann jeden treffen. Bleibt zu Hause. Lasst euch testen. Bucht euren Impftermin.» Bill Bowtell von der Universität New South Wales kritisiert die Werbekampagne. Der Professor, der auch als Berater für strategische Gesundheitspolitik arbeitet, nennt den Clip laut CNN «auf jede Art verkehrt». Vor allem das Alter der Schauspielerin erscheint ihm problematisch. TV-Moderator Hugh Riminton bezeichnet es auf Twitter als «Komplett unanständig, so eine Anzeige zu schalten, während Australier in dieser Altersgruppe immer noch auf ihre verdammte Impfung warten müssen.»
Das Gesundheitsministerium verteidigt die Kampagne. Mit Blick auf die eskalierende Lage im Grossraum Sydney habe man sich bewusst «für drastische Bilder» entschieden, sagt der oberste Gesundheitsbeamte des Landes, Paul Kelly. Auch der australische Premierminister Scott Morrison nimmt die Kampagne in Schutz.
912 Tote seit beginn der Epidemie
Die von den Behörden ergriffenen Massnahmen zu Eindämmung von Corona sind ebenfalls drastisch: Die Grenzen des Landes sind schon seit März 2020 geschlossen. Sydney befindet sich seit dem 26. Juni wieder im Lockdown. Die Bürger dürfen nur noch in Ausnahmefällen ihre Häuser verlassen, die Schulen sind geschlossen.
Im Bundesstaat New South Wales wurden am Dienstag 89 neue Corona-Infektionen verzeichnet. In ganz Australien gab es seit Beginn der Epidemie 912 Tote im Zusammenhang mit Covid-19. (noo)