Schock-Bericht aus Bachmut
«Die Überlebenschance liegt bei 30 Prozent»

Die Situation in Bachmut wird für die Ukrainer immer heikler. Die Kämpfe fordern viele Opfer. Mehrere Soldaten berichten, dass es an Munition und Unterstützung fehle. Und: Bachmut sei nahezu vollständig von Russen umzingelt.
Publiziert: 07.03.2023 um 16:23 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2023 um 16:24 Uhr
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Täglich fordern die Kämpfe Opfer in Bachmut – sowohl auf russischer, als auch auf ukrainischer Seite.
Foto: keystone-sda.ch

Jeden Tag fordern die Kämpfe in Bachmut weitere Tote. Die Nato schätzt laut CNN die Opferzahl auf russischer Seite zwar wesentlich höher ein, dennoch sterben täglich viele Ukrainer in der Industriestadt. Laut «Kiyv Independant» werden unvorbereitete Soldaten in den Tod geschickt. «Bachmut ist praktisch eingekesselt», beschreibt ein Soldat die dramatische Lage vor Ort.

Die Truppen werden laut Augenzeugen ohne Rückendeckung von gepanzerten Fahrzeugen und ohne Artillerie an die vorderste Schusslinie gebracht. «Wir bekommen keine Unterstützung», beschwert sich ein Soldat. Hinzukommt, dass teilweise Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg verwendet würden. Munition für M120 Mörser fehle laut ihnen komplett. Ein Grossteil der Drohnen wurde zerstört.

Überlebenschance liegt bei 30 Prozent

Ein Soldat berichtet: «Unser Bataillon kam Mitte Dezember mit 500 Mann an.» Nach wenigen Wochen in Bachmut sind viele von ihnen tot. «Vor einem Monat waren wir noch 150 Mann», sagt er. Wie viele jetzt noch leben, ist unklar. «Wenn du dort in die Stellung gehst, ist die Chance, dass du da lebend wieder herauskommst, nicht fünfzig zu fünfzig, sondern dreissig zu siebzig Prozent.»

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Genaue Daten darüber, wie viele ukrainische Soldaten in Bachmut gefallen sind, ist nicht bekannt. Klar ist dagegen: Die Situation verschlimmert sich von Tag zu Tag. Nicht nur Wagner-Truppen sind in der ukrainischen Stadt im Einsatz, sondern auch reguläre Truppen. Die ukrainischen Soldaten beschreiben die russischen Angreifer als «riesige Wellen von Kanonenfutter», die sich einfach aufopferten.

«Wir müssen unsere Leute da herausholen»

Doch mittlerweile haben die Russen dazugelernt und gehen strategischer vor. «Sie bestimmen unsere Koordinaten und beschiessen uns aus sieben Kilometern Entfernung», berichtet einer der Ukrainer vor Ort. Und: «Sie treffen genau.» Die Russen sprengen mit Granaten die Häuser in die Luft. Dadurch fehle es den Ukrainern zunehmend an Deckung. «Wir müssen unsere Leute da herausholen. Sonst verlieren wir noch mehr Soldaten.» Ein anderer pflichtet ihm bei, die Stadt sei praktisch von Russen umzingelt.

Ein potenzieller Rückzug aus Bachmut spaltet Politik vom Militär. Offenbar sind sich der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) und Armee-Chef Waleri Saluschni (49) uneinig darüber, ob sich die ukrainischen Truppen aus Bachmut zurückziehen sollen. Für den Offizier ist das die einzig richtige Lösung. (jwg)

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