Drohnenaufnahmen zeigen zerstörten Vorort von Bachmut
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Seit Monaten umkämpft:Drohnenaufnahmen zeigen zerstörten Vorort von Bachmut

Blutige Schlacht bei Bachmut
«Ich plädiere für einen Rückzug»

Die Russen greifen die ostukrainische Stadt Bachmut nicht mehr nur von Osten her an, sondern auch von Norden und Süden. Es bleibt nur noch eine strategisch wichtige Strasse zum Rückzug. Militärexperte Ralph Thiele ordnet die Lage ein.
Publiziert: 01.03.2023 um 16:47 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2023 um 16:55 Uhr
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Bild der Zerstörung: Bei Bachmut sind praktisch sämtliche Gebäude zerbombt. Die Ukrainer und die Russen liefern sich in der ostukrainischen Stadt heftige Kämpfe.
Foto: IMAGO/SNA
Tanja von Arx
Tanja von ArxAuslandredaktorin

Er plädiert für einen Rückzug. Grundsätzlich. Der deutsche Militärexperte Ralph Thiele (68) sagt mit Blick auf den Ukrainekrieg: «Sollten die ukrainischen Truppen in Bachmut umzingelt werden, so ist zu befürchten, dass die Helden zu Opfern werden.»

Der unendlich lange Widerstand mache die Verteidiger der ostukrainischen Stadt zu Helden. Allerdings: «Das Opfer der Soldaten, die in einem leidvollen Abnutzungskrieg im mörderischen russischen Artilleriefeuer dahinschwinden, macht wohl nur dann irgendeinen Sinn, wenn den Ukrainern durch die Bindung der russischen Kräfte ein Überraschungsschlag an einem anderen Ort gelingt.»

Thiele vergleicht die aktuelle Situation mit Mariupol. «Das Opfer der Helden von Mariupol war in Grenzen sinnvoll.» Dies, weil sie der Ukraine die Zeit erkämpft hätten, um ihre Verteidigung gegen die russische Aggression besser zu organisieren. Allerdings geht es bei der blutigen Schlacht in Bachmut in erster Linie um Prestige und viel weniger um strategische Logik.

Die blutigste Schlacht im Krieg

Bachmut gilt als «Fleischwolf» im Krieg: Russland setzt neben regulären Soldaten vor allem die Söldnertruppe Wagner an der Front ein und zielt darauf ab, die Ukrainer zu zermürben. Die ukrainische Armee will wiederum möglichst viele russische Truppen binden und ihnen Verluste zufügen. Unzählige Tote auf beiden Seiten sind die Folge.

Mittlerweile greifen die Russen auch von Norden und Süden her an, nicht mehr nur im Osten. Für die Ukrainer gibt es so nur noch eine freie Strasse für einen möglichen Rückzug, wie der Kommandeur der ukrainischen Drohneneinheit Robert «Madjar» Browdy (47) kürzlich auf Telegram bekannt gab.

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Browdy berichtete von «ununterbrochenen Angriffen». «Der Feind beschiesst die Stadt mit Panzern, Luftraketen und neuerdings auch mit Flugzeugen.» Das Schlimmste: Die Ukrainer entbehren offenbar Waffen für eine Offensive. «Wir haben zu wenig Minen, und uns fehlen Handgranatenwerfer», klagt er im Video.

«Russland zählt seine Männer überhaupt nicht»

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) liess indes in seiner abendlichen Videoansprache am Dienstag verlauten, die Kämpfe um Bachmut würden immer heftiger. «Russland zählt seine Männer überhaupt nicht und schickt sie in den Kampf, um beständig unsere Stellungen anzugreifen.» Schon am Montag hatte Selenski den Westen um mehr Waffen gebeten, einschliesslich Kampfflugzeugen.

Immerhin: Laut Militärexperte Thiele gibt es «gut vorbereitete Auffanglinien der Ukrainer hinter der bisherigen Front», mit deren Zusammenbruch nun schon seit vielen Wochen zu rechnen gewesen sei. «Die ukrainischen Kräfte aus Bachmut müssen sich erst einmal erholen und dann reorganisiert werden.» Thiele schätzt, dass «wenig organische Verbände» übrig bleiben würden.

Tatsächlich sagt denn auch der Berater von Präsident Selenski, Alexander Rodnjanski, zum US-Nachrichtensender «CNN»: «Unser Militär wird alle Möglichkeiten abwägen.» So weit habe man Bachmut gehalten, aber falls nötig, würde man sich strategisch zurückziehen – «weil wir nicht all unsere Leute einfach für nichts opfern werden».

Rodnjanski sagt, die Region westlich von Bachmut sei gestärkt worden. «Wenn wir uns zurückzögen, würde das nicht notwendigerweise heissen, dass die Russen sehr rasch vorrücken könnten.» Und: «Lassen Sie sich nicht täuschen, unsere Gegenoffensive wird bald kommen.»

«Die Lage ist festgefahren»

Militärexperte Thiele sagt allgemein, die Lage sei festgefahren. «Die Russen haben eine vielfache Übermacht, personell und bei allen Waffensystemen einschliesslich deren Munition.» Die weitaus bessere Motivation, die unvergleichliche Agilität und die von westlichen Satelliten, Drohnen und Nachrichtendiensten gespeiste Informationsüberlegenheit der Ukraine würden allerdings bislang die russische, prinzipielle Überlegenheit wettmachen.

Dennoch lässt laut Thiele «der stockende, überhaupt nicht nachhaltige westliche Nachschub an Waffen und Munition» für die Ukrainer Böses erahnen. «Wir müssen ja die Produktionsstätten für Waffensysteme und Munition erst noch bauen sowie die Mitarbeiter einstellen und schulen.» Die Schlüsselfragen dieser Tage lautet gemäss Thiele: «Kommen die Leopard-Panzer noch zeitgerecht an?» Und: «Machen sie tatsächlich den gewünschten entscheidenden Unterschied auf dem Schlachtfeld?»

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