Schlupfloch bei Waffenexport
Schweizer Gefechtsköpfe im Ukraine-Krieg im Einsatz

Der Widerstand der ukrainischen Truppen ist unermüdlich. Insbesondere die starken Panzerabwehrwaffen der Ukraine stellt das russische Militär vor Probleme. Die Gefechtsköpfe eines beliebten Panzerabwehr-Modells stammen aus der Schweiz.
Publiziert: 06.04.2022 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2022 um 17:02 Uhr
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Die Panzerabwehrwaffe NLAW – die «Next Generation Light Anti-Tank Weapon» ist in der Ukraine besonders beliebt.
Foto: keystone-sda.ch

Aus Putins erhofftem Blitzkrieg wurde nichts. Bereits seit sieben Wochen kämpfen die ukrainischen Truppen gegen die russischen Streitkräfte – und zwar unermüdlich. Der Widerstand ist enorm.

Inzwischen beginnt der russische Vormarsch ins Stocken zu geraten. Wie die SRF «Rundschau» berichtet, hängt dies stark mit den Panzerabwehrwaffen, die von der ukrainischen Armee eingesetzt werden, zusammen. Besonders beliebt ist dabei das Modell NLAW – die «Next Generation Light Anti-Tank Weapon».

Entwickelt wurde das schwedische Modell vom Rüstungskonzern Saab, die Endfertigung erfolgt dann in Grossbritannien. Die NLAW ist aber teilweise auch «Swiss made». Der Gefechtskopf des Modells wird nämlich von Saab Bofors Dynamics Switzerland Ltd im Berner Oberland hergestellt. Das Unternehmen bestätigt das auf Anfrage der «Rundschau».

4000 NLAW's in die Ukraine geliefert

Der Gefechtskopf hat eine wichtige Rolle, was die «Spezialität» der Waffe betrifft. Der Kopf fliegt nämlich nicht in, sondern über das Ziel. So kann der Panzer von oben beschädigt werden – dort ist das Gefährt am schlechtesten geschützt.

Recherchen der SRF-Sendung zufolge hat der Bund seit 2008 mehrere Gesuche für den Export solcher NLAW-Gefechtsköpfen nach Grossbritannien genehmigt. Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft SECO will dazu keine Stellung nehmen.

Im Schweizer Gesetz ist allerdings festgehalten: Wer Kriegsmaterial exportieren will, muss eine Bewilligung vorweisen. Mittels einer sogenannten Nichtwiederausfuhr-Erklärung muss der Käufer dann versichern, dass das Material nicht ins Ausland weiterverkauft wird.

Doch: Keine Regel ohne Ausnahme. Handelt es sich nur um Einzelteile oder Baugruppen einer Waffe, kann auf die Garantie, das Material nicht ans Ausland weiterzugeben, verzichtet werden. Ebenso war es bei den Schweizer Gefechtsköpfen, die jetzt in der Ukraine sind. Somit war es Grossbritannien möglich, in den letzten Wochen rund 4000 NLAWs in die Ukraine zu liefern, ohne damit gegen das Schweizer Gesetz zu verstossen.

Links kritisiert Schlupflöcher scharf – Rechts sieht kein Problem

Schlupflöcher wie diese seien von einem neutralitätspolitischen Standpunkt kritisch, findet die grüne Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter (41). Solche Gesetzeslücken führten dazu, «dass unser Kriegsmaterial immer irgendwo landet, wo es nicht hingehört – auch in Konflikten», so die Politikerin gegenüber SRF.

Die Nationalrätin fordert deshalb eine Verschärfung der Exportregeln. Denn die Schweiz habe keine Kontrolle darüber, wo ihr Kriegsmaterial am Schluss lande.

Anders sehen es die bürgerlichen Sicherheitspolitiker. Obwohl sich Mitte-Nationalrat Alois Gmür (67) überrascht vom Einsatz schweizerischer Waffentechnologie in der Ukraine zeigt, und es ihn «nachdenklich» stimmt, sei das Ganze legal und damit unproblematisch.

Seco verschärft Regeln für Waffenteile

Ins gleiche Horn bläst SVP-Sicherheitspolitiker Thomas Hurter (58). «Man kann die Schweiz nicht immer für alles verantwortlich machen», sagt er zum SRF. Die Schweiz sei als neutrales Land mit eigener Armee auf eine Rüstungsindustrie und auch deren Export angewiesen. Zudem seien die Exportregeln bereits streng geregelt. Zudem beweise der vorliegende Fall, dass die Regeln bei Bedarf rasch angepasst würden.

Immerhin: Das SECO hat inzwischen reagiert. Bei Exporten von Bauteilen für Waffen an private Firmen sei nun eine Bestätigung, dass das Kriegsmaterial aus der Schweiz oder ein damit hergestelltes Produkt nicht nach Russland oder die Ukraine re-exportiert wird, erforderlich. Mit dieser neuen Massnahme entfällt also die Ausnahmeregelung für Waffenteile. (dzc)

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