Seine Erinnerungen sind glasklar. «Als ich das Geschrei der Nachbarn hörte, wusste ich: Es wird ernst», sagt Salman Uylas (37) aus Niederuzwil SG zu Blick. Uylas hat das Horror-Erdbeben in der Türkei hautnah miterlebt. Er war in der südöstlich gelegenen Stadt Gaziantep, machte Ferien bei seiner Familie.
In der Nacht auf Montag hörte Salman Uylas «plötzlich einen dumpfen Knall und eine leichte Vibration», als er sich schlafen legen wollte. «In Panik zog ich schnellstmöglich meine Jacke an und rannte in die Wohnung gegenüber zu meinen Eltern.» Die hätten sich vor lauter Angst einfach nur an den Türen festgeklammert. «Ich zerrte sie aus der Wohnung», erzählt Uylas.
Die Leute strömten massenhaft aus den Häusern
Und weiter: «Dann sind wir alle fünf Stockwerke heruntergerannt.» Er und seine Eltern hätten Menschenmengen auf den Strassen gesehen, denn die Leute seien aus den Häusern geströmt. Ausserdem hätten sie zahlreiche einstürzende Gebäude gesehen. «So schnell wie möglich fuhren wir mit dem Auto weg.»
Seine Familie würde zu den wenigen Glücklichen zählen, deren Haus nicht vollständig zerstört worden sei, sagt Salman Uylas. Das wisse er, weil er «schon zweimal zurück in die Stadt gefahren» sei, um die Lage zu checken und zu helfen, wo er nur könne.
So habe er Nachbarn mit dem Auto zu Notunterkünften transportiert. «Als professionelle Hilfe kam, fuhr ich in ein Dorf, wo meine Grosseltern einst lebten.» Dort habe man Feuer gemacht und abends in den Autos übernachtet. So sei es bis heute.
«Wir vermissen immer noch Verwandte»
Am liebsten würde Uylas gleich wieder in die Schweiz zurückkehren. Aber viele Flüge in Gaziantep seien annulliert worden. «Ausserdem hat die Regierung die Flüge nach Istanbul verdichten lassen, und weil sie die Kosten dafür übernimmt, ist alles innerhalb von Minuten ausgebucht.» Salman Uylas will nun den Flug nehmen, den er bereits vor dem Erdbeben gebucht hat. Der geht am Montag.
«Wir vermissen immer noch Freunde und Verwandte», sagt Uylas. Bislang sind infolge der Erdbeben in der Türkei und Syrien mehr als 16’000 Menschen gestorben. Hinzu kommen mindestens 66’000 Verletzte.