Russland bockt bei Verhandlungen und tötet 34 Ukrainer bei Raketen-Anschlag auf Sumy
Dieser Angriff ist eine Demütigung für Trump

Der Angriff auf Sumy war kein Zufallsschlag. Da sind sich Experten einig. Sie erklären, warum die ukrainische Stadt ausgerechnet jetzt Ziel der Russen wurde und warum sie die atomfähigen Iskander-Raketen verwendet haben.
Publiziert: 14.04.2025 um 18:51 Uhr
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Aktualisiert: 15.04.2025 um 08:27 Uhr
Die russischen Raketen trafen Sumy am Sonntagmorgen.
Foto: imago/UPI Photo

Darum gehts

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Guido FelderAusland-Redaktor

Es war einer der massivsten Schläge der vergangenen Monate: Mit zwei Raketen hat Russland am Palmsonntag in der nordostukrainischen Stadt Sumy mindestens 34 Menschen getötet und 117 verletzt.

Laut ukrainischen Militärexperten hat Russland die Stadt mit den heimtückischen Splitter-Raketen des Typs Iskander-M angegriffen. Es ist eine Rakete, die auch Atomsprengköpfe tragen kann. Russland schickt Raketen, während die Verhandlungen mit Trump stagnieren. Wie reagiert der US-Präsident auf die Ohrfeige?

Warum schlagen die Russen gerade jetzt so massiv zu?

Ort und Zeitpunkt sind für Ralph D. Thiele, Vorsitzender der deutschen Politisch-Militärischen Gesellschaft und Präsident von EuroDefense Deutschland, nachvollziehbar: «Es war ein Angriff auf einen Anlass, an dem die Ukraine ihre ‹Kursker Helden› mit Orden auszeichnete.»

Gegen den Gouverneur der Region, Wolodimir Artjuchin, wurden wegen dieser Militärversammlung – nur 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt – schwere Vorwürfe erhoben. Ein Bürgermeister einer andern Stadt sagte über Artjuchin: «Soweit mir bekannt ist, wurde er gewarnt, dass man so etwas nicht tut.» Von den Soldaten wurde angeblich keiner verletzt, sie konnten rechtzeitig einen Schutzbunker aufsuchen.

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Die Bomben kamen, als viele Ukrainer zur Kirche gingen.
Foto: AFP

Winkt Putin mit der Atom-Keule?

Iskander-Raketen können zwar mit Atomsprengköpfen ausgerüstet werden. An eine nukleare Drohung glaubt Thiele aber nicht. «Der Kreml war schon zwei-, dreimal nahe dran an einem Einsatz mit nuklearen Waffen. Aber das war immer in Situationen, als die Russen in Bedrängnis kamen. Das war in Sumy ja nicht der Fall.» Dass der Kreml Iskander für solche Angriffe verwende, bedeute aber, dass «die Russen genug davon haben».

Iskander kommen dann zum Zug, wenn die Russen bei einem Schlag auf Nummer sicher gehen wollen. Marcel Berni, Leiter Strategische Studien an der ETH-Militärakademie, sagt gegenüber Blick: «Russland hat sie eingesetzt, weil sie aufgrund der hohen Geschwindigkeit sehr schwer abgeschossen werden können.» Drohnen treffen ihr Ziel oft nicht genau und können einfacher abgefangen werden.

Was sagt der Kreml?

Das russische Verteidigungsministerium bestätigte den Angriff mit zwei Iskander-Raketen und sprach von über 60 getöteten ukrainischen Soldaten. Zuerst hatte der Sender Russia 1 berichtet, dass sich die Ukrainer in Sumy mit einer Flugabwehrrakete selber bombardiert hätten, um die Friedensverhandlungen zu torpedieren.

Bedeutet der Angriff eine neue Eskalationsstufe?

Laut Berni ist der Schlag zwar keine neue Eskalationsstufe, aber: «Wir beobachten, dass Russland seit Beginn der diplomatischen Verhandlungen wieder vermehrt ukrainische Ziele ins Visier nimmt.»

Für Thiele könnte der Angriff ein Vorbote einer Frühjahrsoffensive sein. Thiele: «Im Hinblick auf mögliche Friedensverhandlungen wollen beide Seiten ihre Möglichkeiten ausschöpfen, um sich für die Gespräche in eine gute Stellung zu bringen.»

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Wie reagiert Trump?

Weil der russische Präsident Wladimir Putin (72) vor einigen Wochen nicht auf den Friedensplan eingestiegen war, hat ihm US-Präsident Donald Trump (78) damals mit massiven Sanktionen und Strafzöllen gedroht. Nach dem Anschlag auf Sumy hält sich Trump aber zurück. Er sagte über die Russen: «Ich denke, es war furchtbar, und mir wurde mitgeteilt, dass sie einen Fehler gemacht haben.» Was er mit Fehler meinte, erklärt er nicht.

Trump behauptete zudem, dass die Gespräche zwischen US- und russischen Delegationen vor einigen Tagen gut verlaufen seien. Berni: «Trump scheint noch nicht bereit zu sein, den Kontakt zu Moskau abreissen zu lassen – oder diesen zu gefährden. Er hält an einer Verhandlungslösung fest, für die er Putin braucht.»

Wie soll der Westen reagieren?

Die westlichen Länder verurteilen den Angriff auf Sumy. Der wohl künftige deutsche Kanzler Friedrich Merz (69) wirft Putin «ein schweres Kriegsverbrechen» vor. Berni sagt: «Der Westen sollte geschlossen reagieren und immer wieder auf die Unrechtmässigkeit von Angriffen auf zivile Ziele hinweisen.» Das Problem sei jedoch, dass die Kritik Washingtons an Russland unter der neuen US-Regierung bisher nur zögerlich erfolge.

Russische Aktivisten riefen am Montag, 19.30 Uhr, an der Rathausbrücke in Zürich zu einem Gedenkanlass auf.

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