So hölzern, wie er seine Präsidentschaftskampagne führte, so hölzern hat Ron DeSantis (45) am Sonntagabend das weisse Tuch gezückt und sich aus den republikanischen Vorwahlen für das hohe Amt im Weissen Haus verabschiedet. Der Floridianer war noch nie ein begnadeter Redner – und alles andere als ein charismatischer Wahlkämpfer.
98 von 99 Bezirken in Iowa hatte er persönlich besucht – und in keinem einzigen davon seinen Hauptkontrahenten Donald Trump geschlagen. Am meisten Aufsehen erregte der Gouverneur des «Sunshine States» nicht mit gewitzten Aussagen, sondern mit seinen vermeintlich versteckten Absätzen in seinen Cowboy-Stiefeln, die ihn grösser erscheinen lassen sollten (ein Trick, auf den etwa schon der französische Ex-Präsident Nicolas Sarkozy jahrelang gesetzt hatte).
Nun: DeSantis ist raus aus dem Rennen. Kaum jemand trauert ernsthaft um ihn. Und doch hat sein Ausscheiden einen womöglich entscheidenden Effekt auf die Frage, wer die kommenden vier Jahre das mächtigste Land der Welt regieren wird.
Jetzt sinkt die Hoffnung der Trump-Gegner auf null
DeSantis Rückzug ist ein unverhofft früh kommender Boost für Donald Trump (77), der sowieso schon meilenweit vor seiner einzigen noch verbleibenden parteiinternen Konkurrentin Nikki Haley (52) liegt. Der Ex-Irak-Veteran und dreifache Vater DeSantis hat sich noch in seiner «Good Bye»-Rede hinter Trump gestellt. Der sei dem aktuellen Amtsinhaber «meilenweit überlegen».
Haley, die einzige ernstzunehmende republikanische Alternative zu Trump, repräsentiere – so DeSantis – die Insider-Klasse, die politischen Entscheidungsträger, die den Eliten zudienten und an den Sorgen des kleinen Mannes vorbei regierten.
Laut praktisch allen Umfragen lag Trump auch ohne die paar Wählerprozent von DeSantis, die nun auf sein Konto übergehen dürften, unaufholbar vor Haley. Mit DeSantis’ Unterstützung ist die republikanische Vorwahl nun faktisch gelaufen. Das Präsidentschaftsrennen wird zwischen denselben greisen Politikern entschieden wie schon vor vier Jahren.
Biden oder Trump? Das ist die einzige Frage, die Amerika und die Welt mit Blick auf den Wahlkampf jetzt noch interessiert. Und vielleicht noch, wen Trump als Vizepräsidentschaftskandidatin aufstellt. Dass es eine Frau wird, gilt laut den Wettbüros als fast sicher.
Haley wird sich noch diese Woche zurückziehen
Nikki Haley wird die morgigen Vorwahlen in New Hampshire noch abwarten. Die Niederlage gegen Trump dürfte überdeutlich werden – und Haley sich wohl bereits Mitte Woche ebenfalls zurückziehen.
Für Amerika ist das ein politisches Armutszeugnis. Nicht nur, weil es keine der beiden grossen Parteien geschafft hat, aus dem Schatten ihrer alternden Schlachtrösser zu treten. Sondern vor allem auch, weil inhaltliche Debatten über den Weg, den das noch immer mächtigste Land der Welt inskünftig einschlagen soll, auf der Strecke bleiben werden.
Trump gegen Biden: Das wird – so sagen es auch viele Amerika-Insider in der Schweiz – ein brutales Rennen, ein persönlicher Rachefeldzug, ein wohl leider nur selten jugendfreier Schlagabtausch zwischen zwei Männern, die sich längst in den wohlverdienten Ruhestand hätten verabschieden sollen.
Für die nächste Generation amerikanischer Führungsfiguren bleibt das lange Warten bis 2028. Dann dürften sich die hoffnungsvollen Ron DeSantises und Nikki Haleys wieder ins Rampenlicht werfen. Bis mindestens dahin aber bleibt die republikanische Partei in anhaltender Geiselhaft von Donald Trump.