Der parteilose Robert F. Kennedy ist erstmals bei einer Wahlkampfveranstaltung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump aufgetreten. «Wir standen etwas auf entgegengesetzten Seiten», empfing Trump seinen Gast auf der Bühne im Bundesstaat Arizona. Kennedy sei ihn im Wahlkampf ein paar Mal angegangen, das habe ihm nicht gefallen. «Aber er ist eine phänomenale Person, ein phänomenaler Mann.»
Wenige Stunden zuvor hatte Kennedy verkündet, sich aus dem Wahlkampf in den besonders umkämpften «Swing States» zurückzuziehen und ab sofort Trump zu unterstützen – das dürfte dem Republikaner im Rennen gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris helfen.
«Establishment besiegen»
Nun erklärte Kennedy vor jubelnden Trump-Anhängern, er habe mit dem 78-Jährigen «nicht über die Dinge gesprochen, die uns trennen, denn wir sind nicht in allem einig, sondern über die Werte und Themen, die uns verbinden». Das Publikum feierte ihn mit «Bobby, Bobby»-Sprachchören – seinem Rufnamen.
«Ich denke, er wird einen guten Einfluss haben», sagte Trump. Er und Kennedy würden «gemeinsam kämpfen, um das korrupte politische Establishment zu besiegen und die Kontrolle über dieses Land zurückzugewinnen». Die Unterstützer Kennedys bat Trump darum, «sich dem Aufbau dieser Koalition anzuschliessen».
Abrechnung mit Demokraten und Medien
Bei einer Pressekonferenz, die auch auf der Plattform X veröffentlicht wurde, rechnet Kennedy mit den Demokraten ab. Die Partei sei einst für die Demokratie eingestanden, habe sich jedoch ins Gegenteil verwandelt. «Als sie die Demokratie aufgab, indem sie die Vorwahlen strich, um den kognitiven Verfall des amtierenden Präsidenten zu verschleiern, verliess ich die Partei und kandidierte als Unabhängiger», so Kennedy.
Kennedy erklärt, Trump habe ihm eine Rolle in dessen möglicher Regierung in Aussicht gestellt. Die Unterstützung für den Republikaner begründet er primär mit seiner Enttäuschung über die Demokraten. Scharfe Kritik übt Kennedy auch an den US-Medien, die er beschuldigt, unausgewogen und zugunsten der Demokraten zu berichten.
Kennedy betont, dass er sich nicht komplett aus dem Rennen zurückziehe, sondern nur in den Swing States. In den anderen Staaten könne weiterhin für ihn gestimmt werden, ohne dass dies Trump oder Harris schade.
Allianz gegen Kamala Harris
Der Neffe des legendären Ex-Präsidenten John F. Kennedy ist bei der Präsidentenwahl chancenlos – in Umfragen liegt er im Schnitt nur bei rund 5 Prozent. Doch sowohl Demokraten als auch Republikaner blicken mit Sorge auf ihn. Das Rennen zwischen Trump und Harris ist äusserst knapp und Kennedy könnte beiden Seiten entscheidende Stimmen abnehmen. Aktuelle Umfragen zeigen, dass seine Kandidatur wohl eher Trump schadet. Kennedys Unterstützung könnte nun das Risiko einer Spaltung der konservativen Wählerbasis in wichtigen Staaten verringern, was Trump helfen würde.
Kennedys Entscheidung wird wegen des komplexen US-Wahlsystems eine besondere Bedeutung zugemessen. Während die meisten der 50 Bundesstaaten fest in der Hand der Republikaner oder Demokraten sind, sind einige wenige hart umkämpft. Besonders enge Rennen werden etwa in Pennsylvania, Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, North Carolina und Wisconsin erwartet.
Die Wählerinnen und Wähler bestimmen mit ihren Stimmen im November die Zusammensetzung des 538-köpfigen Wahlkollegiums, das letztlich den Präsidenten wählt. Für einen Sieg benötigen die Kandidaten mindestens 270 Wahlleute. Entscheidend ist hierbei die Mehrheit im Wahlkollegium und nicht die tatsächliche Mehrheit der Stimmen im ganzen Land.
Die Anzahl der Wahlleute pro Staat richtet sich ungefähr nach der Bevölkerungsgrösse. Aufgrund des in fast allen Staaten geltenden Mehrheitswahlrechts erhält der Gewinner eines Staates alle Wahlleute – selbst bei knappen Siegen.
Kritik aus der eigenen Familie
Über Kennedys Rückzug wurde bereits spekuliert. Seine Vizepräsidentschaftskandidatin Nicole Shanahan hatte einen Zusammenschluss mit Trump ins Spiel gebracht. Gleichzeitig gab es Berichte, dass dem Duo das Geld für den Wahlkampf ausgeht.
Kennedy stammt aus einer prominenten politischen Familie und war jahrzehntelang Demokrat. Er entfernte sich aber zunehmend von der Partei und verkündete im Oktober 2023 seine unabhängige Präsidentschaftsbewerbung. Familienmitglieder bezeichnen Kennedys Unterstützung für Trump nun als «Verrat an den Werten, die unserem Vater und unserer Familie am Herzen liegen». Sie sprechen von einem «traurigen Ende einer traurigen Geschichte». Ihre Unterstützung im Wahlkampf gelte der Demokratin Harris und ihrem Vizekandidaten Tim Walz.