Nach dem Knall im Weissen Haus zwischen US-Präsident Donald Trump (78) und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) kochten die Emotionen auf beiden Seiten.
Trump schickte die Presse aus dem Oval Office. «Ich denke, wir haben genug gesehen», sagte der US-Präsident. Inzwischen lässt sich zusammensetzen, was sich in der mysteriösen Stunde nach dem Eklat abgespielt hatte, in der Trump und Selenski nicht gesehen wurden – Selenski soll das Weisse Haus um 13.47 Uhr Ortszeit (19.47 Uhr MEZ) verlassen haben.
Selenski verliess das Weisse Haus nicht sofort – er blieb noch rund eine Stunde dort. Offenbar bat er Trump darum, zurückzukommen. Trump blockte ab und schrieb einen zornigen Beitrag auf Truth Social. Selenski «kann zurückkommen, wenn er bereit für den Frieden ist», sagte Trump, und liess Selenski nach dem Eklat eine Hintertür offen. Schliesslich stieg Selenski in eine vor dem Westflügel geparkte Limousine und fuhr darin davon.
«Selenski bettelte darum, zurückzukommen»
Später, bevor er den Marine-One-Helikopter bestieg, deutete Trump gegenüber Reportern an, dass Selenski versucht habe, die Gespräche sofort wieder aufzunehmen. «Er möchte sofort zurückkommen», so Trump. «Aber das geht für mich nicht.»
Das bestätigte US-Finanzminister Scott Bessent (63) gegenüber dem US-Sender Fox News: «Selenski hat darum gebettelt, zurückzukommen.» Schon bei seinem Besuch unlängst in Kiew sei Selenski sehr forsch gewesen, deutete Bessent an. Jetzt habe in einem Raum im Weissen Haus das Abkommen über Seltene Erden zur Unterzeichnung vorgelegen. Bessent warf Selenski «eines der grössten diplomatischen Eigentore der Geschichte» vor.
Selenski: Ohne Sicherheitsgarantien keine Friedensgespräche
Vor dem Besteigen von Marine One hatte Trump zudem gesagt: «Ich will einen sofortigen Waffenstillstand.» Er ermahnte Selenski, Frieden mit Russland zu schliessen oder die amerikanische Unterstützung zu verlieren. Selenski habe «die Karten nicht in der Hand». Er solle nicht über Putin und all die «negativen Sachen» sprechen, so Trump. «Er muss sagen: Ich will Frieden.»
Später sagte Selenski laut der Nachrichtenagentur AP, die Ukraine werde keine Friedensgespräche mit Russland aufnehmen, solange sie keine Sicherheitsgarantien gegen eine weitere Offensive Moskaus erhalte. Er strebe Frieden an, beteuert Selenski, aus einer starken Position seiner Nation, seiner Streitkräfte und Verbündeten. «Frieden durch Stärke», so Selenski im Gespräch mit Fox News. Er wünsche sich, dass US-Präsident Trump «wirklich mehr auf unserer Seite» stehe.
Der Knall im Weissen Haus «war für beide Seiten nicht gut», räumt Selenski ein. Er denke aber nicht daran, sich bei Trump zu entschuldigen. Auf eine entsprechende Frage antwortet der ukrainische Präsident: «Nein. Ich respektiere den Präsidenten, und ich respektiere das amerikanische Volk. Ich bin mir nicht sicher, ob wir etwas Schlimmes getan haben. Und ich denke, dass wir sehr offen und sehr ehrlich sein müssen.»
«Das tut mir leid»
Fragen zu einem Rücktritt wich Selenski aus. Das liege an den Menschen der Ukraine. Sein Abgang im Austausch für US-Unterstützung sei kein Thema. Doch ohne der Unterstützung Washingtons werde es für die Ukraine «schwierig». Er wolle «diesen grossartigen Partner nicht verlieren.» Man könne das Morden durch Russland aber nicht einfach vergessen.
Er hoffe auf einen Reset. Doch bei aller Kraft und Stärke, die Selenski zu zeigen versucht, bricht immer wieder durch, wie komplex die Situation ist. Ob er den Eklat im Weissen Haus bereue? «Ja», sagte Selenski. «Ich denke, es war nicht gut, es war nicht gut.»
Der Interviewer hakt nach. Ob die Beziehung mit Präsident Trump gerettet werden könne? «Ja, natürlich», sagt Selenski. Es gehe nicht nur um die Beziehung zwischen zwei Präsidenten, sondern zwischen zwei Völkern. Im letzten Satz des 23-minütigen Interviews bedauert Selenski das Vorgefallene: «I am sorry for this.» «Das tut mir leid.»
Selenski spricht mit Macron und Rutte
Später bestätigte die «Financial Times», dass Selenski nach dem Schlagabtausch im Weissen Haus mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron (47) und Nato-Generalsekretär Mark Rutte (58) telefonierte. Details wurden keine genannt. Macron sagte vor Medienvertretern lediglich, er denke, «es war richtig, dass wir alle vor drei Jahren der Ukraine geholfen und Russland sanktioniert haben und dies auch weiterhin tun werden».
Unterstützung aus der Heimat
Selenski erhielt nach der Eskalation auch Unterstützung aus der Heimat. Die Online-Zeitung «Kyiv Independent» schrieb in einem Editorial: «Ein Präsident hat gerade im Oval Office Amerika nicht respektiert. Es war nicht Selenski», so die Zeitung.
«Wir wollen kein Bündnis mit Russland, und wir wollen keinen Verrat an der Ukraine», heisst es weiter. Das in Washington Vorgefallene «ist uns peinlich».