Die ukrainischen Truppen rücken vor. Am Montag folgte ein Raketen-Angriff auf das russische Separatistengebiet Donezk. Dabei sind mehrere Zivilisten ums Leben gekommen. Auch das von Moskau beherrschte Gebiet Luhansk steht unter starkem militärischem Druck. Nun soll eine Kampagne für einen schnellen Russland-Beitritt von Donezk, Luhansk und Cherson sorgen.
Die Abstimmungen über das Referendum werden vom 23. bis 27. September abgehalten, sagte der Chef des Separatisten-Parlaments, Denis Miroschnitschenko, am Dienstag gemäss der Nachrichtenagentur Interfax. Wo liegen die Vorteile für Russlands Präsident Wladimir Putin (69)?
Plant Putin einen Atomschlag?
«Er würde in seinen Augen die Regionen Donezk, Luhansk und Cherson der Krim gleichstellen. Damit wäre es für ihn einfacher, Forderungen nach einem vollständigen Rückzug aus der Ukraine abzuweisen», sagt Russland-Experte Ulrich Schmid (56) von der Universität St. Gallen. Zudem müsste sich die Ukraine ab sofort militärisch von den beiden Provinzen fernhalten.
Greifen die Ukrainer weiter an, droht die Eskalation. Putin würde in die «Opferrolle» schlüpfen, hätte plötzlich Argumente, um eine Generalmobilmachung auszurufen und einen Atomschlag auszuüben. Dass Letzteres eintreffen wird, glaubt Schmid nicht: «Ich halte das für sehr unwahrscheinlich. Ein Atomschlag gegen die Ukraine würde Putins ohnehin bröckelndem Rückhalt in der russischen Gesellschaft einen schweren Schlag versetzen.»
Wie ernst es Putin mit der Mobilmachung meint, zeigt ein Zeitungsbericht in der «Kiew Post». Dort steht: «Die russischen Behörden nähern sich der Ankündigung einer allgemeinen Mobilmachung.» Weiter heisst es: «Das höchste gesetzgebende Organ Russlands hat die Begriffe ‹Mobilmachung›, ‹Kriegsrecht› und ‹Kriegszustand› in das russische Strafgesetzbuch aufgenommen und eine Strafe von bis zu 10 Jahren Gefängnis für die freiwillige Kapitulation verhängt.» Putin wird am Dienstagabend zum Volk sprechen.
Die Ukraine zeigt sich unbeeindruckt
Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44) zeigte sich auf Twitter wenig beeindruckt von der russischen Ankündigungen eines Referendums. «Eine weitere ‹Beruhigungspille›, die der Kreml seinen Anhängern gibt», schreibt er. In einem anderen Tweet steht: «Sie denken, dass das illegale Referendum und die Streitkräfte uns davon abhalten werden, die Feinde auf unserem Land zu vernichten. Versucht es... Es wird interessant...»
Dmytro Kuleba, der Minister für auswärtige Angelegenheiten der Ukraine, wird auf Twitter ebenfalls deutlich: «Diese Schein-‹Referenden› werden nichts ändern. Russland ist und bleibt ein Aggressor, der Teile des ukrainischen Landes illegal besetzt hält. Die Ukraine hat jedes recht, ihre Gebiete zu befreien, und wird dies auch weiterhin tun.» (nab)