Rätsel-Fall in Deutschland gelöst – Ermittler gingen von Mord aus
Totgeglaubte bricht nach über 30 Jahren ihr Schweigen

Die deutsche Polizei ging jahrzehntelang von einem Mord aus. Doch über 30 Jahre nach ihrem Verschwinden taucht die totgeglaubte Petra P. durch einen Zufall wieder auf. In einem Interview spricht sie nun erstmals über die Gründe ihres Verschwindens.
Publiziert: 18.03.2024 um 13:40 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2024 um 21:23 Uhr
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Petra P. spricht im TV erstmals über ihr Verschwinden.
Foto: Sagafilmworks GmbH

31 Jahre lang war Petra P.* unauffindbar. Die damals 24-jährige Informatik-Studentin verschwand 1984 im deutschen Braunschweig spurlos. Ermittler glaubten an ein Gewaltverbrechen. «Mir war klar, dass sie ermordet wurde, als ich die Akte das erste Mal gelesen habe. Ich hätte 100'000 Euro darauf gewettet», sagt der damals zuständige Kommissar Holger Kunkel zu RTL. Ein Schreinerlehrling gestand den Mord an der jungen Frau – eine Lüge, wie sich später herausstellen sollte. Petra P. wurde für tot erklärt – obwohl ihre Leiche nie gefunden wurde. Kein Wunder: Denn Petra P. lebte.

Im RTL-Magazin «Life» spricht die jahrzehntelang Verschwundene nun erstmals über ihre Zeit im Untergrund: «Man muss unauffällig leben und wissen, dass man manche Dinge nicht tun kann.» Unter dem falschen Namen Susanne Schneider führte Petra P. ein sparsames Leben.

Geld verdiente sie über Aushilfsjobs, als Putzfrau oder Nachhilfelehrerin. Ihre Miete zahlte sie stets in bar, denn ein Bankkonto besass sie nicht. Sie nutzte Bus und Bahn, statt sich ein Auto anzuschaffen. «Ich bin nicht zum Arzt gegangen», sagt sie. Auch auf Ferien verzichtete Petra P. «Sie war die graue Maus in der Grossstadt, das war ihre Tarnung», sagt der mittlerweile pensionierte Kommissar Kunkel (65) gegenüber «Bild».

«Ich stand unter Schock»

Die heute über 60-Jährige trägt ein schwarz-weiss gemustertes Kleid, Perlenkette um den Hals, Brille auf der Nase. Eine braune Perücke, um ihre Anonymität zu wahren. Denn Petra P. kehrte nicht freiwillig in die Gesellschaft zurück. Ihre damaligen Vermieter riefen 2015 die Polizei, nachdem bei ihr eingebrochen worden war. Petra P. flog auf, als sie ihren Ausweis zeigen musste. Nach über 30 Jahren. «Ich stand unter Schock», sagt sie.

Zum Tag ihres Verschwindens sagt sie: «Ich habe die Schlüssel einem Zimmernachbarn gegeben, weil ich keine Probleme machen wollte.» Über 300 Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt baute sie sich ein neues Leben auf. Die alte Petra sei irgendwo in Braunschweig zurückgeblieben. Und das hat einen traurigen Grund: «Ich denke, ich bin schizophren geworden», sagt sie. Ihre Stimme bricht, während sie über die Vergangenheit spricht. Die ersten fünf Lebensjahre sei sie sexuell missbraucht worden, offenbart sie. «Ich wusste das damals nicht. Ich habe es verdrängt, dass ich so missbraucht wurde.»

Was genau in ihrer Kindheit passierte, lässt sich all die Jahre später nicht rekonstruieren. Rein rechtlich sind die Taten verjährt. Petra P. arbeitet heute mit einem Psychologen ihre Vergangenheit auf. Mittlerweile kommt die zufällige Enttarnung einer Befreiung gleich. «Ich habe jetzt ein iPad, ich bin im Internet, das macht mich sehr glücklich.» Sie freue sich zudem, dass sie zum Arzt könne, wenn sie krank sei. Nur einen Wunsch hat Petra P. für die Zukunft: dass ihre Akte nun für immer geschlossen bleibt. (sam)

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