Auf einen Blick
- Yalike-Ngonzo arbeitete als Journalist für Russland und verbreitete Falschnachrichten in Afrika
- Russland nutzt das Land, die Zentralafrikanische Republik, als Versuchslabor für Einflussnahme in Afrika
- Nachdem Yalike-Ngonzo mit dem Tod bedroht worden war, verliess er seine Heimat
Mit 28 Jahren floh Fidèle Ephrem Yalike-Ngonzo endgültig aus der Zentralafrikanischen Republik. Nicht zum ersten Mal. Jahrelang arbeitete er als Journalist für Russland. Er schrieb im Auftrag Russlands Artikel, log, organisierte Demonstrationen und verbreitete Falschnachrichten.
Yalike-Ngonzo war eine zentrale Figur in einer von Moskau gesteuerten Desinformationskampagne, die auch in anderen Teilen Afrikas aktiv ist. Nach seiner Flucht gelang es dem Nachrichtenmagazin «Spiegel», der Investigativ-Organisation Forbidden Stories und weiteren Medien, mit ihm zu sprechen.
Ein lukratives Angebot
Bis 2019 arbeitete Yalike-Ngonzo freiberuflich für lokale Zeitungen und Radiosender in der Zentralafrikanischen Republik. Bereits ein Jahr zuvor tauchten in Bangui russische «Ausbilder» auf, darunter ein Russe namens Michel. Michel arrangierte ein Treffen mit Yalike-Ngonzo und bot ihm einen Job an.
Michel nannte ihm Themen, über die Yalike-Ngonzo schreiben und veröffentlichen sollte, für knapp 40 Franken pro Text. Angesichts eines Monatsgehalts von etwa 90 Franken war das ein verlockendes Angebot. Er stimmte zu.
Prorussisch und gegen den Westen
Die Texte, die Yalike-Ngonzo für Michel schrieb, sollten Russland positiv darstellen und die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sowie den Westen schlecht aussehen lassen. Ob der Inhalt stimmte, spielte keine Rolle.
Yalike-Ngonzo war sich nicht bewusst, in welches Netzwerk er geraten war. Die Zentralafrikanische Republik gilt als Russlands grösstes Versuchslabor in Afrika. Unter dem Namen «Africa Politology» beeinflusst Moskau hier die Bevölkerung. Michel ist Teil dieses Netzwerks.
Ein instabiles Land
Für Russland sind die Bedingungen günstig: Das Land ist arm und seit fast zehn Jahren herrscht ein gewaltsamer Konflikt zwischen Regierung und Rebellen. Russische Söldner, Überbleibsel der Wagner-Gruppe, inszenieren sich als Verteidiger des Friedens – nicht nur gegen Rebellen, sondern auch gegen den Westen.
Auch Yalike-Ngonzo sollte den Westen verunglimpfen. Er organisierte eine Gruppe, die auf Facebook kommentierte und Falschinformationen verbreitete. Moskau stellte dafür 30 Handys bereit.
Dann kippte die Stimmung
2022 sollte Yalike-Ngonzo über einen Angriff auf zwei Hirten berichten. Rebellen sollten die Täter sein, russische Söldner hätten den Krankenhausaufenthalt finanziert. Doch eine andere Zeitung enthüllte, dass die Russen hinter der Tat steckten. Yalike-Ngonzo geriet in Verdacht.
Man brachte ihn in einen Wald und bedrohte ihn mit dem Tod. Die Beziehung zu seinem russischen Auftraggeber verschlechterte sich, seine Honorare wurden gekürzt. Auch der Ukraine-Krieg beeinflusste die Lage. Moskaus Fokus verschob sich. Spätestens dann dachte Yalike-Ngonzo daran, den Job zu beenden.
Heute lebt Yalike-Ngonzo irgendwo in Europa. Er will sich ein neues Leben aufbauen, sagt er. Als Journalist – mit echten Nachrichten.