Die Not der Spediteure ist der letzte Punkt auf der Traktanden-Liste. Am Montag, den 4. Dezember 2023, tagen die EU-Verkehrsminister in Brüssel. Kommissionsvorschläge zu Ruhezeiten im Gelegenheitsverkehr und Strassenverkehrssicherheit sowie neue Führerscheinrichtlinie haben Vorrang im Programm. Erst kurz vor Schluss werden die anhaltenden LKW-Blockaden in Polen und der Slowakei diskutiert.
Währenddessen spielen sich Dramen in osteuropäischem Grenzgebiet ab. Seit dem 6. November versperren Kolonnen von polnischen Sattelzügen ukrainischen LKW-Fahrern den Zugang in die EU, weil diese Aufträge zunehmend vor der Nase wegschnappen.
Am 23. November 2023 schlossen sich polnische Landwirte dem Protest der Spediteure an. Auch sie leiden unter der ukrainischen Konkurrenz, die Getreide zu günstigeren Preisen anbietet. Der Bauernstreik am Grenzübergang Medyka würde bis zum 3. Januar 2024 nonstop durchgeführt, so die Kampfansage.
Ukrainische Fernfahrer weichen nach Ungarn aus
Insgesamt sind vier polnische Grenzübergänge blockiert. Es herrschen Wartezeiten von bis zu zwei Wochen. Fernfahrer harren bei Minusgraden aus, ohne Verpflegung und Duschmöglichkeit. Der Schaden für die ukrainischen Unternehmer habe bereits Ende November bei über 400 Mio. Euro gelegen, meldete der Verband ukrainischer Spediteure.
Am 1. Dezember folgen ähnliche Szenen am einzigen Grenzübergang der Slowakei zur Ukraine. Auch hier wird gestreikt – auf unbestimmte Zeit. Wie in Polen werden nur leicht verderbliche Lebensmittel, militärische und humanitäre Güter sowie Tiertransporte durchgelassen. Jede Stunde dürfen aber nur vier LKW ins Land einreisen.
Die Blockade veranlasst Transporteure, nach Ungarn auszuweichen. Das Ergebnis: Über 1000 LKW stehen am Grenzübergang in Záhony im Stau. Einige Fahrer würden schon seit Tagen auf die Durchfahrt warten, berichtet das ungarische Nachrichtenportal «Portfolio».
Der Grund der Proteste sind die Privilegien, die ukrainische Konkurrenten seit dem russischen Einmarsch geniessen. Vor der Invasion konnten ukrainische Fernfahrer nur mit einer zuvor beantragten Genehmigung der EU einreisen. Seit bald zwei Jahren aber haben die Ukrainer freien Zugang zum EU-Binnenmarkt. Sie karren nicht nur Güter von und in die Ukraine, sondern übernehmen auch Transporte innerhalb Europas zu Dumpingpreisen.
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Billigkonkurrenz bedroht Arbeitsplätze in EU-Staaten
Der slowakische Verband UNAS ist alarmiert. Die Billigkonkurrenz bedroht Arbeitsplätze in der Logistik-Branche. Zudem kritisiert UNAS Schikanen auf ukrainischer Seite. So dürfen in die Ukraine einreisende LKW-Fahrer beispielsweise das Land erst nach zwölf Tagen Aufenthalt wieder verlassen.
Die Forderung der Delegationen aus Polen, der Slowakei und Ungarn in Brüssel ist deutlich: Keine Extrawurst mehr für die Ukraine! Das Land sei kein Mitglied der EU und so sollten ukrainische Transporteure auch weiter Transportgenehmigungen einholen müssen.
Die EU-Kommission zeigte bereits im Vorfeld kaum Verständnis für die osteuropäischen Brummi-Fahrer und reichte den Schwarzen Peter weiter an die jeweiligen Regierungen. Polen zeige keinen guten Willen, liess unlängst EU-Verkehrskommissarin Adina Valean (55) verlauten, «die polnischen Behörden sollen das Recht an den Grenzen durchsetzen». Die Ukraine, die sich im Kriege befinde, und auch die EU könne nicht durch solche Blockaden an den Aussengrenzen als Geisel genommen werden.