Rechtsnationale PiS hat keine Mehrheit – doch zögert sie Machtübernahme heraus
Bizarre Trotz-Regierung übernimmt in Polen

Obwohl ohne Überlebenschance, ist in Polen eine rechtsnationale Regierung vereidigt worden. Am 11. Dezember dürfte sie bereits wieder weg sein. In der kurzen Amtszeit hat sie aber einiges zu tun.
Publiziert: 29.11.2023 um 17:38 Uhr
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Eine Farce: Präsident Andrzej Duda (l.) vereidigt Mateusz Morawiecki als Ministerpräsident.
Foto: AFP
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Guido FelderAusland-Redaktor

Wie absurd ist denn das? In Polen ist am Montag eine neue Regierung vereidigt worden, von der man genau weiss, dass sie an der nächsten Parlamentssitzung am 11. Dezember wieder aufgelöst wird. 

Die Vorgeschichte: Staatspräsident Andrzej Duda (51) hatte nach den Wahlen vom 15. Oktober der mit 35,4 Prozent Stimmenanteil stärksten Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) den Auftrag gegeben, eine Regierung zu bilden. Nur stand bereits da fest, dass die nationalkonservative Partei keinen Partner für eine Mehrheitsregierung finden und im Parlament gegen den prowestlichen Parteienblock nie ankommen würde. 

Dieser Parteienblock um den ehemaligen Ministerpräsidenten und EU-Ratspräsidenten Donald Tusk (66) besteht aus dem Dreierbündnis von Bürgerkoalition, Drittem Weg und Neuer Linke. Er holte 53,7 Prozent der Wählerstimmen.

Im Kurzzeit-Kabinett des bisherigen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki (55) gibt es praktisch nur unbekannte Gesichter, abgesehen von Morawiecki selber und seinem Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak (54). Die Bildung einer Regierung, die nur gerade zwei Wochen im Amt sein wird, gilt daher als politische Show von Morawiecki und Staatspräsident Duda, der bis zur Übernahme seines Amtes ebenfalls der PiS angehört hatte. 

Machtwechsel verzögern

Warum dieses Trotzen? Duda beruft sich auf einen verfassungsmässigen Brauch, die Partei mit den meisten Stimmen mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Die Opposition aber wirft Duda vor, er wolle mit diesem Streich die politische Wende über Wochen verhindern. 

Die PiS stand im Dauerstreit mit der EU, unter anderem wegen der umstrittenen Justizreform sowie wiederholender Forderungen nach Weltkriegsreparationen in Billionenhöhe. Donald Tusk, der neuer Ministerpräsident werden dürfte, steht für einen proeuropäischen Kurs und eine versöhnlichere Politik gegenüber Deutschland. 

Laut Kai-Olaf Lang (56), Polen-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, dürfte es die kurzfristige Regierungsbildung der PiS ermöglichen, einige Personalentscheidungen zu treffen und die bevorstehende Entpolitisierung der Medien zu erschweren. 

Lang: «Die bisherige Opposition vermutet überdies, dass die PiS-Regierung die ihr noch verbleibende Zeit dazu nutzen könnte, Vorgänge zu vertuschen oder Informationen zu vernichten, die ihr bei der von Donald Tusk und den Seinen geplanten Aufklärung von Fehlentwicklungen oder Gesetzesverletzungen Probleme bereiten könnten.»

PiS geht in harte Opposition

Bei der Einsetzung dieser kurzfristigen Regierung handle es sich um «das letzte Aufbäumen des Wahlverlierers», sagt Lang. Mit diesem starken Schlussakzent erhoffe sich die PiS wohl, einen gelungenen Start in die Opposition herbeizuführen. «Die PiS wird keine konstruktive Opposition, sondern ein unnachgiebiger Gegenpart der künftigen Regierungskoalition.»

Eine neue Regierung muss in Polen innerhalb 14 Tagen nach der Vereidigung die Vertrauensfrage im Parlament bestehen. Die nächste Sitzung findet am 11. Dezember statt. Wenn Morawiecki scheitert, werden die Nachfolger schon in den Startlöchern stehen: Das Dreierbündnis hat bereits einen Koalitionsvertrag unterschrieben und die Ressorts aufgeteilt. Es wird der Tag sein, an dem in Polen ein neues Zeitalter anbricht. 


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