Endergebnis nach Polen-Wahl: Opposition kommt auf Mehrheit der Sitze
Bei der Parlamentswahl in Polen ist die regierende national-konservative Partei PiS dem offiziellen Endergebnis vom Dienstag zufolge stärkste Kraft geworden, hat die Mehrheit aber verloren.
Nach Auszählung aller Wahlkreise kam die PiS (Recht und Gerechtigkeit) auf 35,38 Prozent. Das liberal-konservative Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) von Oppositionsführer Donald Tusk erhielt 30,7 Prozent der Stimmen. Der Dritte Weg, ein Bündnis der Mitte kam auf 14,4 Prozent, die Neue Linke auf 8,61 Prozent und die rechtsextreme Konföderation auf 7,16 Prozent.
Vor allem in Bezug auf die polnische Aussenpolitik wurde das Ergebnis gespannt erwartet. Verschiebungen in den Mehrheitsverhältnissen könnten entscheidende Veränderungen mit sich bringen.
Neue Prognose: Polens Regierungspartei PiS ohne absolute Mehrheit
Eine neue Prognose nach der Parlamentswahl in Polen hat bestätigt, dass Polens nationalkonservative Regierungspartei PiS die absolute Mehrheit verfehlt hat und drei Oppositionsparteien eine neue Regierung bilden könnten. Die PiS von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wurde mit 36,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft, wie am Montagmorgen veröffentlichte Ergebnisse von Nachwahlbefragungen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigten. Auf dem zweiten Platz mit 31 Prozent lag demnach die oppositionelle liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) des ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren EU-Ratspräsidenten Donald Tusk.
In der neuen Prognose wurden der PiS 198 Sitze im neuen Parlament vorhergesagt. Die Mehrheit liegt bei 231 der 460 Mandate. Als Koalitionspartner kommt nur die ultrarechte Konfederacja infrage, mit deren 14 Mandaten es laut Prognosen aber ebenfalls nicht für eine Regierungsmehrheit reicht.
Die oppositionelle Bürgerkoalition (KO) kann laut Prognosen auf 161 Mandate zählen. Sie könnte mit dem christlich-konservativen Dritten Weg (13,5 Prozent) und dem Linksbündnis Lewica (8,6 Prozent) eine Koalition bilden. Das Dreierbündnis käme auf 248 Abgeordnete und hätte eine Mehrheit im Parlament. Das endgültige Wahlergebnis steht wohl erst am Dienstag fest.
Ein Machtwechsel in Warschau könnte entscheidende Veränderungen in der polnischen Aussenpolitik bringen. Die PiS liegt im Dauerstreit mit Brüssel und verärgerte Berlin mit Forderungen nach Weltkriegsreparationen. Die Opposition könnte Polen auf einen proeuropäischen Kurs bringen.
Opposition in Polen glaubt an Wahlsieg: «Zurück nach Europa!»
Selten ist ein zweiter Platz so bejubelt worden. «Ich bin heute der glücklichste Mensch auf der Welt», sagt Polens Oppositionsführer Donald Tusk am Wahlabend in Warschau. «Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen. Das ist das Ende der PiS-Regierung.» Die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat Polen seit acht Jahren regiert. Nach der Parlamentswahl vom Sonntag sind nun drei proeuropäische Oppositionsparteien zuversichtlich, dass sie eine Regierungsmehrheit zusammenbekommen und die PiS-Regierung bald Vergangenheit ist. «Am 15. Oktober kommt Polen nach Europa zurück», jubelt auch Robert Biedron vom Linksbündnis Lewica bei der Wahlparty.
Nach ersten Prognosen landet Tusks liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) mit 31,6 Prozent auf dem zweiten Platz. Das ergäbe 163 Abgeordnetenmandate. Somit könnte die Bürgerkoalition mit dem christlich-konservativen Dritten Weg (13 Prozent) und Lewica (8,6 Prozent) als Juniorpartnern eine Koalition bilden. Das Dreierbündnis käme zusammen auf 248 der insgesamt 460 Sitze und hätte damit eine Mehrheit im Parlament. «Wir warten jetzt auf das offizielle Ergebnis, setzen uns hin, reden und werden uns bestimmt einig», sagt ein optimistischer Tusk dem Sender TVN24.
Bleierne Gesichter unterdessen in der Parteizentrale der PiS. Mit eingefrorener Mimik und verkrampftem Lächeln verfolgen Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak und andere die Rede des Parteivorsitzenden Jaroslaw Kaczynski. Die PiS wird zwar laut Prognosen mit 36,8 Prozent die stärkste politische Kraft, aber sie verefehlt die absolute Mehrheit und wird 200 Abgeordnete stellen. Und mit einem Koalitionspartner wird es auch schwierig.
Drei Oppositionsparteien könnten Regierungspartei PiS ablösen
Nach der Wahl in Polen kommt ein Bündnis aus drei proeuropäischen Oppositionsparteien auf eine Mehrheit im Parlament und will die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nach acht Jahren an der Regierung ablösen. «Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen. Wir haben sie von der Macht entfernt», sagte Donald Tusk, Chef der liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO), am Sonntagabend in Warschau.
Laut Prognosen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos kann Tusks Partei mit 31,6 Prozent der Stimmen rechnen und wird damit zweitstärkste politische Kraft. Sie käme damit auf 163 Abgeordnetenmandate. Somit könnte die Bürgerkoalition mit dem christlich-konservativen Dritten Weg (13 Prozent) und dem Linksbündnis Lewica (8,6 Prozent) eine Koalition bilden.
Das Dreierbündnis käme zusammen auf 248 der insgesamt 460 Sitze und hätte damit eine Mehrheit im Parlament. «Am Sonntag, den 15. Oktober, war Schluss mit der Zankerei und der Almosenvergabe in Polen, und es begann die Zusammenarbeit und die Investition in unsere Zukunft», sagte Szymon Holownia vom Dritten Weg zu dem Ergebnis.
Regierende PiS verfehlt absolute Mehrheit
Die seit 2015 regierende PiS wurde laut Prognosen mit 36,8 Prozent der Stimmen zwar stärkste Kraft, verfehlte aber deutlich die absolute Mehrheit. «Das ist ein historischer Sieg», sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Seit dem Ende des Kommunismus habe es in Polen noch keine Partei geschafft, drei Mal hintereinander die Parlamentswahl zu gewinnen.
Dennoch hat die PiS ein Problem: In Prognosen wurden ihr 200 Sitze im neuen Parlament vorhergesagt. Als Koalitionspartner käme nur die ultrarechte Konfederacja infrage. Doch diese Formation brachte es laut Prognosen auf lediglich 6,2 Prozent – das wären 12 Sitze und damit zu wenig für eine Regierungsmehrheit. Zudem hatte die Konfederacja im Wahlkampf immer wieder betont, sie wolle kein Bündnis mit der PiS eingehen.
Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski sagte, seine Partei werde ihr Projekt realisieren, «unabhängig davon, ob wir an der Macht bleiben oder in die Opposition gehen werden». Er schloss damit indirekt nicht aus, dass die PiS die Macht verlieren könnte.
Regierungspartei PiS erneut stärkste Kraft in Polen
Am Sonntag haben die Bürger Polens über ihr Parlament abgestimmt. Die meisten Stimmen bekam laut Prognosen die Regierungspartei PiS. Die seit 2015 regierenden Nationalkonservativen dürften auf 36,8 Prozent der Stimmen kommen, wie Nachwahlbefragungen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos ergaben. Dennoch könnte es zu einem Machtwechsel kommen.
Denn: Es zeichnet sich ein Sieg der Opposition ab. Die Bürgerkoalition von Ex-Regierungschef Donald Tusk (66) und zwei kleinere Oppositionsparteien lagen zusammen vor dem rechten Lager um die regierende PiS, wie aus der Nachwahlbefragung am Sonntagabend hervorging. Demnach entfallen insgesamt 248 Sitze auf die Bürgerkoalition, den Dritten Weg und die Linken, während die rechtsnationalistische PiS und die rechtsextreme Konförderationspartei zusammen auf 212 Sitze kommen.
Opposition sieht sich als Siegerin
Oppositionsführer Tusk sah sich am Abend daher schon als Sieger: «Ich habe mich noch nie so sehr über den zweiten Platz gefreut. Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen, das ist das Ende der PiS-Regierung», sagte er am Wahlabend. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski (74) sagte, man warte auf den weiteren Verlauf der Ereignisse.
Das Kräfteverhältnis im Parlament kann sich noch durch Nuancen von wenigen Prozentpunkten für kleinere Parteien verschieben. Erwartet wird eine langwierige Regierungsbildung.
Hohe Wahlbeteiligung bis zum Mittag
Bei der Parlamentswahl in Polen zeichnet sich eine rege Beteiligung ab. Bis zum Mittag gaben rund 22,6 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Wahlkommission am Sonntag in Warschau mitteilte. Der Sender TVN24 zeigte Bilder aus mehreren Städten, in denen Wähler vor den Wahllokalen Schlange standen. Bei der vorherigen Wahl im Oktober 2019 hatten im gleichen Zeitraum gut 18 Prozent der Wähler abgestimmt.
Erste Prognosen über die Verteilung der 460 Abgeordnetenmandate im Sejm sowie über die 100 Sitze im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, werden nach Schliessung der Wahllokale um 21.00 Uhr erwartet. Hochrechnungen sind in Polen nicht üblich. Das Endergebnis soll voraussichtlich erst am Dienstag bekannt gegeben werden.
Die wichtigste politische Trennlinie im EU- und Nato-Land Polen verläuft zwischen der seit 2015 regierenden nationalkonservativen PiS und der liberalen und linken Opposition, deren grösste Partei die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) ist. Eine Vorhersage über den Wahlausgang ist schwierig, denn das Kräfteverhältnis im Parlament kann sich durch Nuancen von wenigen Prozentpunkten für kleinere Parteien verschieben. Erwartet wird eine langwierige Regierungsbildung.
Laut Umfragen dürfte die Partei Prawo i Sprawiedliwosc (PiS, deutsch «Recht und Gerechtigkeit») zwar stärkste Kraft bleiben, die absolute Mehrheit von 231 Abgeordnetenmandaten aber verfehlen. Sie wäre dann zur Bildung einer Regierung auf die ultrarechte Konfederacja angewiesen. Zwar lehnte die Konfederacja im Wahlkampf eine Koalition mit der PiS ab. Viele Polen betrachten dies aber als Wahlkampftaktik und nehmen an, dass sich Abgeordnete der Konfederacja mit Regierungsposten ins Lager der PiS locken lassen - oder dass die Ultrarechten am Ende eine Minderheitsregierung der PiS tolerieren werden.
Parlamentswahl und Referenden
Auch ein Machtwechsel ist nicht ausgeschlossen. Den Umfragen zufolge liegt die Bürgerkoalition (KO) des früheren Regierungschefs Donald Tusk an zweiter Stelle dicht hinter der PiS. Sie könnte im Falle eines Wahlsiegs mit dem Linksbündnis Lewica und dem christlich-konservativen Dritten Weg eine Koalition bilden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Dritte Weg, der aus einem Zusammenschluss zweier Parteien besteht, die für solche Wahlbündnisse gültige Acht-Prozent-Hürde nimmt und ins Parlament einzieht. In Umfragen liegt die Formation bei gut zehn Prozent.
Parallel zur Parlamentswahl stimmen die Polen in einem Referendum über vier Fragen ab. Eine davon befasst sich mit dem EU-Asylkompromiss. Dieser sieht vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen. Die PiS-Regierung lehnt das ab.
Die konkrete Frage beim polnischen Referendum wird lauten: «Unterstützen Sie die Aufnahme von Tausenden illegalen Einwanderern aus dem Nahen Osten und Afrika nach dem von der europäischen Bürokratie auferlegten Mechanismus der verpflichtenden Aufnahme?» Der Ausgang der Volksabstimmung hat keinen Einfluss auf den EU-Entscheidungsprozess. Die anderen Fragen befassen sich mit der Privatisierung staatlicher Unternehmen, dem Renteneintrittsalter und der Barriere an Polens Grenze zu Belarus.
Die Parlamentswahl in Polen im Liveticker
Seit 7 Uhr sind die Wahllokale in Polen geöffnet. Das Land könnte vor einem Richtungswechsel stehen. Zwar sehen Umfragen die regierende PiS-Partei weiter als stärkste Kraft. Doch die absolute Mehrheit wackelt. Eine Chance für das Bündnis der Opposition? Blick informiert dich live über die wichtigsten Entwicklungen.
Das Wetter spielt mit. Niemand, der sich am Sonntagmorgen seit 7 Uhr in die Warteschlangen zum Urnengang reiht, steht im Regen. Die Sonne in Polen scheint bei mild herbstlichen Temperaturen.
Mit möglichen kalten Duschen hier und da, zumindest politischer Art, ist erst nach Schliessung der Wahllokale um 21 Uhr zu rechnen. Es geht um die Verteilung der 460 Abgeordnetenmandate im Sejm sowie um die 100 Sitze im Senat, der weniger bedeutenden zweiten Kammer des Parlaments. Doch wer dieses Mal ins Parlament einzieht, ist alles andere als klar.
Bei den vergangenen Parlamentswahlen in Polen 2019 gaben 62 Prozent des Wahlvolks ihre Stimme ab und der damals schon regierenden Partei «Recht und Gerechtigkeit», kurz PiS genannt, mit 43,6 Prozent eine komfortable Mehrheit.
Polnische Gesellschaft politisch tief gespalten
In diesem Jahr wird die Wahlbeteiligung wohl höher sein, meinen Analysten. Und der Ausgang der Wahlen ist unberechenbarer. Grund: Der aggressive Wahlkampf der Rechtspopulisten und die Massenkundgebungen der Opposition haben das Land tief gespalten.
Die Gladiatoren in Polens Politarena sind der erzkonservative Strippenzieher Jaroslaw Kaczynski (74) und der wirtschaftsliberale Donald Tusk (66). Beide ehemalige Ministerpräsidenten und Polit-Stars. Kaczynskis Nationalismus, Deutschlandhass, restriktive Einwanderungspolitik, Stärkung der katholischen Kirche stehen Tusks Öffnung zur EU, Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit und Frauenrechten gegenüber.
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Regierende PiS verliert an Stimmen
Aktuelle Umfragen zeigen eine schwächelnde PiS-Partei. Ihre Werte liegen bislang bei höchstens 37 Prozent. Das würde nicht zum Alleinregieren reichen. Der amtierende Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (55) müsste mit der ultrarechten Konfederacja koalieren. Diese zeigte sich im Wahlkampf divenhaft, könnte in Koalitionsgesprächen Schlüsselposten für eine zukünftige gemeinsame Regierung erpressen – trotz der zu erwartenden nur acht Prozent der Stimmen.
Währenddessen schreitet der Parteichef der «Bürgerplattform», Donald Tusk (66), optimistisch an die Wahlurne. Seine Partei liegt laut Umfragen mit knapp 30 Prozent an zweiter Stelle in der Wählergunst. Ihm folgen die «Neue Linke» mit zu erwartenden 10 Prozent und das Wahlbündnis «Dritter Weg». Zusammen bilden sie die sogenannte «Bürgerkoalition». Schafft der «Dritte Weg» die 8-Prozent-Hürde, könnte die Opposition nach acht Jahren die PiS-Regierung ablösen.
Erste Hochrechnungen werden nach der Schliessung der Wahllokale ab 21 Uhr erwartet, die Wahlergebnisse wohl in der Nacht auf den 16. Oktober.