In der Ukraine wurde in der zurückeroberten Stadt Isjum ein Massengrab gefunden. Das teilt nun auch der Präsident Wolodimir Selenski (44) am Donnerstagabend mit.
Er sagt: «Wir wollen, dass die Welt erfährt, was wirklich passiert und wozu die russische Okkupation geführt hat.» Er spricht in seiner täglichen Videoansprache von dem Grab, ohne jedoch Details zur Anzahl der Leichen oder deren Todesursache zu nennen.
Isjum befindet sich in der Region Charkiw. Erst bei einem Blitzangriff vor wenigen Tagen konnte die Ukraine den Ort befreien. Selenski besuchte Isjum am Mittwoch. An diesem Freitag sollen Journalisten zu dem Massengrab gebracht werden.
«Butscha, Mariupol und jetzt leider auch Isjum»
«Butscha, Mariupol und jetzt leider auch Isjum: Russland hinterlässt überall Tod und muss sich dafür verantworten. Die Welt muss Russland zur echten Verantwortung für diesen Krieg ziehen», fordert der Staatschef. Die Ukraine hat nach dem Abzug der russischen Truppen im Frühjahr aus dem Kiewer Vorort Butscha sowie in zahlreichen anderen Orten, darunter in der von Moskau eingenommenen Hafenstadt Mariupol, schwerste Kriegsverbrechen beklagt.
In Butscha waren nach ukrainischen Behördenangaben Hunderte Zivilisten, in Mariupol Tausende getötet worden. Der Chef der Ermittlungsbehörde der Polizei im Gebiet Charkiw, Serhij Bolwinow, sprach nach Angaben der Internetzeitung «Ukrajinska Prawda» von einem Massengrab mit mehr als 440 Leichen in einem Wald in Isjum.
Ihm zufolge würde man alle Leichen exhumieren und zur forensischen Untersuchung wegbringen. Da die Region Charkiw monatelang unter russischer Kontrolle gestanden hätte, sei der Polizei auch eine Reihe weiterer Begräbnisstätten bekannt.
440 Leichen an einem einzigen Ort begraben
Zum Grab in Isjum sagt der Chefermittler: «Ich kann sagen, dass es sich um eines der grössten Gräber in einer befreiten Stadt handelt. Etwa 440 Leichen wurden an einem einzigen Ort begraben.» Bolwinow zufolge seien die Opfer wohl erschossen worden oder hätten ihr Leben durch Artilleriebeschuss oder Luftangriffe verloren. Viele der Leichen seien noch nicht identifiziert worden.
Auf Twitter sind auch Fotos der Massengräber zu sehen. Wie das Medium Nexta auf Twitter berichtet, seien einige Gräber mit Kreuzen versehen, auf denen Inschriften zu lesen sind: «AFU (Armed Forces Ukraine), 17 Menschen, aus der Leichenhalle», «345», «412». Der Kommissar für Vermisste aus der Ukraine, Oleg Kotenko, bestätigte die Echtheit dieser Fotos. (euc/SDA)