Es wirkt wie ein Zaubertrick: Im Interview am Mittwoch über die umstrittenen Rentenreformen sieht man den französischen Präsidenten Emmanuel Macron (45) mit teurer Uhr um das Handgelenk, doch dann lässt er sie unter dem Tisch verschwinden. Ausgerechnet, als er anfing, über die Mindestlohnbezieher (Smicards) zu sprechen.
In den sozialen Medien regen sich die Franzosen furchtbar über die verschwundene Uhr auf. Sie werfen Macron vor, die Luxusuhr ausgezogen zu haben, um sie vor den Einkommensschwachen zu verstecken. Sie leiden am meisten unter den Reformen.
Im Expressverfahren plant das französische Staatsoberhaupt, das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre anzuheben – ohne Abstimmung im Parlament. Er befürchtet offenbar, dass er die Mehrheit nicht gewinnt. Das stösst dem Volk bitter auf. Seit Wochen gehen Franzosen auf die Strassen und demonstrieren. Im Interview am Mittwoch verteidigt Macron seine Entscheidung.
Macron sei ein«Präsident der Reichen»
«Es ist kein Luxus, es ist kein Vergnügen, aber es ist eine Notwendigkeit für das Land», sagt Macron im Interview. Er stellt klar, dass er bei der Rentenreform bleibt. Parteigegner sind erzürnt. «Wenn er über die Smicards spricht, die ‹noch nie so viel Kaufkraft gewonnen haben›, nimmt er diskret seine hübsche Luxusuhr unter dem Tisch ab», schreibt die Abgeordnete der linken Partei La France insoumise (LFI), Clémence Guetté (32), auf Twitter.
Andere User sind überzeugt, dass es sich bei der Uhr um ein Luxusgut im Wert von 80'000 Franken handelt. Die Franzosen fühlen sich über den Tisch gezogen und regen sich mächtig über den «Präsidenten der Reichen» auf, wie es in den sozialen Medien heisst. Das er die Uhr einfach verschwinden liess, giesst zusätzlich Öl ins Feuer.
Wahrer Grund war ein Geräusch
Das Präsidialamt reagierte am Donnerstag beschwichtigend auf die Vorwürfe. Er habe die Uhr in diesem Moment abgenommen, weil er sie vorher beim Reden gegen den Tisch geschlagen habe. Das habe ein «nerviges Geräusch» verursacht. Da er nicht wollte, dass das erneut passiert, habe er die Uhr unter dem Tisch ausgezogen. Tatsächlich hört man im Interview die Uhr von Macron gegen den Tisch prallen.
Ausserdem handle es sich nicht um eine Luxusuhr für 80'000 Franken, sondern um eine Uhr, die vom Hersteller für knapp 2400 Franken verkauft wird, zitiert der französische Sender BFMTV das Präsidialamt. Macron trage die Uhr schon seit mehreren Jahren.