Wie gelähmt schaute die Weltöffentlichkeit am Wochenende nach Israel. Hamas-Militante aus dem Gazastreifen überrannten israelisches Territorium, töteten oder verschleppten Hunderte Menschen. Gleichzeitig beschossen sie Ortschaften mit Tausenden Raketen. Der gigantische israelische Sicherheitsapparat wirkte unvorbereitet, selbst die Hamas zeigte sich «überrascht» ob ihres eigenen Erfolgs bei dem schrecklichen Angriff.
Nun zeigen Recherchen des «Wall Street Journal» (WSJ), dass sich die Hamas-Terroristen akribisch auf den Angriff vorbereiten konnten. So hätten Kämpfer «detailierte Karten von Städten und Militärbasen bei sich getragen», schreibt die Zeitung. Die auf arabisch gehaltenen Dokumente seien bei getöteten Angreifern gefunden worden, einige der Schriftstücke wurden auch auf der Strasse liegengelassen.
Mehrere Teams planten Überfall
Laut dem WSJ würden die Dokumente darauf hindeuten, dass die Hamas nicht nur militärische Ziele im Visier hatte. Stattdessen seien die Angriffe auch mit dem klaren Ziel erfolgt, zivile Ziele anzugreifen und Geiseln zu nehmen. So beschreibe ein Dokument auf 14 Seiten einen genauen Plan, den Kibbuz Mefalsim zu überfallen und die Bewohner zu verschleppen. Erstellt wurde das Dokument bereits im Juni.
Der Plan legt dar, wie detailliert die Terroristen ihren Angriff planten. Demnach sollte ein bestimmtes Team Löcher in einen Sicherheitszaun schneiden, während andere systematisch das Dorf durchsuchen sollten. Ein weiteres Team sollte mögliche Gefechte mit der israelischen Armee aufnehmen, deren Stellung «rund drei bis fünf Minuten entfernt» ist. In dem Dokument ist ausserdem dargelegt, wann genau die israelische Armee ihre Kontrollfahrten abhält und welcher Kommandant zu welchen Uhrzeiten im Dienst ist.
Tatsächlich wurde Mefalsim am Samstag überfallen. Allerdings gelang es den Bewohnern, den Angriff abzuwehren. In anderen Orten hingegen wurden zahlreiche Menschen verschleppt oder getötet.
«Dieser Plan zeigt, wie systematisch die Hamas vorging. Auf den Karten waren mögliche Menschengruppen, Synagogen und Kindergärten eingezeichnet. Sie waren vorbereitet – bis ins letzte Detail», so der israelische Ex-Sicherheitsbeamte Eyal Pinko gegenüber dem WSJ.
Hamas-Übungen direkt an der Grenze
Auf Telegram veröffentlichten israelische Sanitäter zudem arabischsprachige Zettel, die Informationen über die Ausrüstung der israelischen Armee enthält. Das kleine Papier, das mehrfach gefaltet wurde, ist mit den Bildern sämtlicher israelischer Panzer und deren Schwachstellen versehen. So ist beispielsweise beschrieben, aus welcher Distanz und mit welcher Waffe ein bestimmter Panzer beschossen werden soll, um ihn effizient ausser Gefecht zu setzen.
Weshalb Israel von diesen Vorbereitungen nichts bemerkte, bleibt allerdings weiter unklar. Laut einem CNN-Bericht trainierten einige der Hamas-Kämpfer im Dezember 2022 verschiedene Szenarien – auf offenem Gelände und weniger als zwei Kilometer von der israelischen Grenze entfernt.
In dem Video «trainiert» die Hamas etwa die Geiselnahme oder den Beschuss mit Raketenwerfern. Die israelische Armee erklärte gegenüber CNN, die Hamas habe «viele Übungsplätze». Die Recherche-Ergebnisse seien «nichts Neues».