Wie bei einem «normalen Bombenangriff», an den sie «seit Jahren gewöhnt sind», flüchtet Irit Lahav mit ihrer Tochter in den Schutzraum des Hauses. Doch die Bewohnerin des Kibbuz Nir Oz merkt schnell, dass etwas anders ist als sonst, wie sie später gegenüber CNN sagt.
«Überall Schüsse und Granaten, endlos, endlos, endlos. Ich überlegte, was ich tun soll. Brechen sie unsere Tür auf? Wie kann ich sicher sein, dass sie verschlossen ist? Ich fing an, Leute aus dem Kibbuz anzurufen und sie zu fragen, wie man die Tür abschliesst. Aber niemand wusste es», erzählt die Israelin dem amerikanischen Fernsehsender.
Barrikade mit Wallholz und Staubsauger
Obwohl alle seit 1993 gebauten Häuser über Luftschutzräume verfügen, sind diese gegen einen Raketenangriff und nicht gegen einen bewaffneten Überfall ausgelegt. Die Stahltüren sind zwar schwer, aber aus Sicherheitsgründen nicht abschliessbar.
Plötzlich die erlösende Nachricht: Lahavs Bruder schickt ein Foto seiner Luftschutztür – die er mit zwei Besenstielen verriegelt hat. Doch es gibt ein Problem: Lahav hat keine Besen. «Aber dann fiel mir ein, dass ich ein Wallholz habe. Also nahm ich das und meinen Dyson-Staubsauger», berichtet die Israelin. Damit verriegelte sie die Stahltür. Eine andere Wahl hatte sie nicht, denn sie wusste: Wenn die Hamas-Kämpfer kommen, sterbe sie.
«Es war wie ein endloser Albtraum»
«Meine Tochter und ich konnten nichts anderes tun, als uns zu umarmen. Unter dem Tisch, versteckt in der Dunkelheit», erzählt die Mutter. «Wir dachten, wir würden sterben. Immer wieder hämmerten sie gegen die Tür und versuchten, sie zu öffnen. Ich war sicher, dass der Staubsauger und das Wallholz nicht halten würden – aber sie taten es.»
Nach etwa zehn Minuten schien das Schreien und Schiessen vorbei zu sein, als die Angreifer das Haus verliessen. Doch nach einer Stunde kamen sie zurück – und dann ein drittes Mal. «Es war wie ein endloser Albtraum.» Doch an der Barrikade von Lahav kamen die Kämpfer nicht vorbei.
Doch nicht alle hatten so viel Glück wie sie. Die Israelin schätzt, dass bei dem Überraschungsangriff am Samstag rund 30 Prozent der Bewohner des Kibbuz getötet oder verschleppt wurden. (gs)