«Er gab mir den Spitznamen Fruchtsalat»
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Schweizer Vatikan-Redaktor:«Er machte Sprüche über meine Krawatte»

Papst Franziskus war Chef von Schweizer Radio-Journalist Mario Galgano
«Er bezeichnete mich laut als Fruchtsalat»

Der Schwyzer Mario Galgano (45) erlebte Papst Franziskus hinter den Kulissen: wie er gerne WM-Spiele kommentierte und sich Spitznamen einfallen liess. Im Blick teilt er seine liebsten Erinnerungen an den verstorbenen Pontifex.
Publiziert: 14:15 Uhr
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Aktualisiert: 15:27 Uhr
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Der Schweizer Mario Galgano (45) kannte Papst Franziskus persönlich.
Foto: Helena Graf

Darum gehts

  • Mario Galgano, Vatikan-Journalist, erinnert sich an Papst Franziskus
  • Franziskus zeigte Humor und Selbstironie in persönlichen Begegnungen
  • Galganos jüngere Tochter wurde 2014 vom Papst in der Sixtinischen Kapelle getauft
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Helena GrafReporterin

Mario Galgano (45) ist im Mikrokosmos des Vatikans zu Hause. Der Familienvater aus Schwyz arbeitet seit bald 20 Jahren als Journalist für den hauseigenen Radiosender Vatikan News. «Papst Franziskus war quasi mein Dorfpfarrer. Und gleichzeitig mein Chef», erklärt Galgano bei einer Tasse Espresso in der Cafeteria San Pietro. Hinter ihm, hell-orange, leuchtet der Petersdom in der Morgensonne.

Es ist früher Dienstagmorgen, vor 24 Stunden lauschte er einer spontanen Ankündigung des Kardinals Kevin Farrell. «Niemals hätte ich gedacht, dass er den Tod meines Chefs verkünden wird», sagt Galgano. «Klar wühlt es mich auf, macht mich traurig. Doch ich habe Franziskus immer für seinen Humor geschätzt, seine Selbstironie.»

Gardisten mussten Matchupdates geben

Der 45-Jährige erinnert sich an eines seiner ersten Treffen mit dem Papst. Das war während einer Audienz, Galgano hatte Franziskus sein Buch über die italienische Gemeinde Norcia vorstellen wollen. «Ich erzählte ihm, dass ich aus der Schweiz komme, ein Viertel Italiener sei und eine ukrainische Frau hätte. Da bezeichnete er mich laut als Macedonia, als Fruchtsalat. Das hat uns alle sehr amüsiert», erinnert er sich.

Auf seinem Whatsapp-Profilbild schütteln sich Mario Galgano und Papst Franziskus die Hände. Als Vatikan-Journalist begleitete er den Pontifex an Treffen und Konferenzen, übersetzte seine Worte. Hinter den Kulissen sprachen sie über Fussball – und über Galganos Kleiderwahl. «Er liess auch mal einen Spruch über meine Krawatte fallen», erzählt er lachend.

Papst Franziskus trifft 2014 das Team des FC Bayern München und dessen Manager Karl-Heinz Rummenigge (mit Brille).
Foto: pixathlon / M.I.S

Diese umgängliche Art von Franziskus habe ihm stets imponiert. Wie etwa am WM-Spiel Schweiz gegen Argentinien im Jahr 2014. Ein Achtelfinal-Match – das erste Tor fiel erst in der zweiten Verlängerung: 119. Minute, 1 zu 0 für Argentinien. «Dieser Match hat ihn sehr interessiert», erzählt Galgano. «Weil er selbst nicht fernsah, mussten ihm die Schweizer Gardisten live Updates durchgeben, die er gerne kommentierte.»

Vor einigen Jahren traf Franziskus das Team des FC Bayern München und ihren Manager Karl-Heinz Rummenigge, der früher selbst Profifussballer war. Mario Galgano übersetzte an dem Treffen. Er erinnert sich: «Franziskus fragte Rummenigge ironisch, wieso er denn am WM-Spiel 1986 unbedingt dieses Tor gegen Argentinien schiessen musste.»

Ukrainekrieg: «Er hat darunter gelitten»

Diese kleinen, persönlichen Momente – die hätten einfach zu Franziskus gehört. «Dafür schlossen ihn die Menschen ins Herz.»

Und doch hatte der Papst während seiner Amtszeit eine Krise nach der anderen zu bewältigen. Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, Pandemie, Ukrainekrieg. Zu Letzterem sagt Galgano, dessen Frau Ukrainerin ist: «Ich glaube, er hat sehr darunter gelitten. Für Putin ist die katholische Kirche ein Feind, den man bekämpfen soll. Das ist natürlich eine belastende Situation.»

Papst Franziskus hält im April 2022 eine ukrainische Flagge aus Butscha nach dem dortigen Massaker.
Foto: IMAGO/ABACAPRESS

Dennoch habe der Papst immer zugehört. Egal, wer auf ihn zugekommen sei. «Als ihm eine alte Italienerin ausführlich ihr Tortellini-Rezept erzählen wollte, liess er auch das zu», so Galgano, schmunzelnd.

Papst taufte Galganos Tochter

Vor dem Petersdom hupen die Autos. Morgenverkehr. Galganos Handy klingelt. Seit Montagmorgen ist er ständig auf dem Sprung. Seine Frau und die Kinder haben frei, wollen raus aus der Grossstadt. «Wir fahren gegen Mittag ab. Ich werde dann aus der Ferne weiterarbeiten», sagt er.

Galganos jüngere Tochter wurde von Franziskus getauft. Das war 2014 in der Sixtinischen Kapelle. Der Familienvater erzählt: «Der Papst sprach dort über die Kleinkinder, die in der Kirche auch mal schreien und weinen. Das sei wie der Gesang von Engeln, sagte er, und diesen Satz werde ich nie vergessen.»

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