Epidemiologe schlägt Alarm
«Ich war mit 14 Geimpften auf einer Party – 11 von uns haben Covid bekommen»

Ein US-Epidemiologe besuchte eine Hausparty mit 15 Personen, die alle geimpft sind. Elf Partygänger stecken sich trotz Impfung mit Corona an. Der Epidemiologe wendet sich mit Ratschlägen an die Öffentlichkeit. Auch als «milde» Erkrankung wünsche er Covid niemandem.
Publiziert: 05.08.2021 um 02:13 Uhr
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Aktualisiert: 05.08.2021 um 14:10 Uhr
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Der US-Epidemiologe Allan Massie schlägt Alarm: Trotz Impfung haben sich 11 von 15 Freunden auf einer Party mit dem Coronavirus angesteckt.
Foto: masterclass.tts.org

Allan Massie ist Epidemiologe und Biomedizinforscher an der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore, Maryland. Der Wissenschaftler sollte sich mit dem Coronavirus also auskennen. Er hat sich vor Monaten vollständig impfen lassen. Unlängst besuchte Massie eine Hausparty. Die insgesamt 15 Gäste stellten vorab sicher, dass alle geimpft sind. Fünf Tage später traten bei Massie Covid-Symptome auf. Er ging zum Arzt. «Das sollte eigentlich nicht passieren», schreibt er danach in einem Erfahrungsbericht in der lokalen «Baltimore Sun». «Ich bin seit Monaten vollständig geimpft.»

Massie nimmt seine Erfahrung zum Anlass, andere zu warnen. Er habe sich für immun gehalten. Die Gastgeberin habe sich zwar schon am Tag nach der Party schlecht gefühlt und testete positiv auf das Virus. Massie machte sich nicht weiter Sorgen: «Ich dachte mir, ich bleibe zu Hause und isoliere mich für ein paar Tage von meiner Familie, und das wars dann. Und selbst das schien mir zu viel des Guten zu sein.» Dann hörte er, dass weitere Leute krank wurden, die auf der Party waren. Dann noch ein paar mehr: «Inzwischen sind 11 der 15 Personen positiv auf Covid getestet worden.»

«Das wünsche ich niemandem»

«Glücklicherweise scheint keiner von uns ernsthaft erkrankt zu sein», schreibt Massie weiter. «Wenn vollständig geimpfte Menschen eine sogenannte ‹Durchbruchsinfektion› erleiden, kommt es in der Regel nicht zu einer schweren Erkrankung, die einen Krankenhausaufenthalt erfordert.» Er gehe davon aus, dass dies auch bei ihm und seinen Freunden der Fall sei. «Aber ich kann Ihnen sagen, dass selbst ein ‹milder› Fall von Covid-19 ziemlich elend ist. Ich hatte Fieber, Schüttelfrost und Muskelschmerzen, und ich war so schwach, dass ich kaum aus dem Bett kam. Das wünsche ich niemandem.»

Als er den Impfstoff bekommen habe, dachte er, der Kampf gegen Covid sei für ihn vorbei. So sehr er es auch hasse, dass er und seine vollständig geimpften Freunde krank seien, der «kleine Ausbruch» habe ihn zum Denken angeregt, was solche Impfdurchbrüche «für den Rest von uns bedeuten».

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Pandemie sei auch für Geimpfte noch nicht vorbei

«Covid-19-Impfstoffe haben eine enorme Wirkung», versichert Massie. Er gehe von einem milden Krankheitsverlauf aus, weil er geimpft sei. Aber Covid «ist noch nicht vorbei, auch nicht für die Geimpften. Da sich die Pandemie weiterentwickelt, müssen wir uns mit ihr weiterentwickeln».

Der Epidemiologe ruft die Gesundheitsbehörden dazu auf, mehr und bessere Daten über Impfdurchbrüche zu erfassen und zu melden. Jeder der Gruppe hätte offenbar auch andere geimpfte Personen anstecken können: «Es ist nicht klar, ob wir aufgrund einer besonders virulenten Variante erkrankten, weil der Impfstoff nachlässt oder aus einem anderen Grund. Ohne gute Daten werden wir das nie erfahren.»

Massie rät ausserdem, dass auch vollständig geimpfte Personen, die Covid ausgesetzt waren, zu Hause isolieren und getestet werden müssen. Zudem soll die Pharmaindustrie der Erforschung von Auffrischungsimpfstoffen Vorrang einräumen. (kes)

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