Zum Ende ihrer Amtszeit
Merkel gesteht ihren grössten Corona-Fehler

In Deutschland steigen die Corona-Zahlen wieder. Angela Merkel, die als Kanzlerin das Land durch die Krise führte, tritt bald ab. Und nennt zum Ende ihrer Kanzlerschaft den grössten Fehler während der Pandemie.
Publiziert: 25.10.2021 um 21:14 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2021 um 10:40 Uhr
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Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel spricht über den grössten Fehler der Regierung während der Corona-Pandemie.
Foto: AFP

16 Jahre lang navigierte sie Deutschland durch Höhen und Tiefen. Nun tritt Angela Merkel (67) als Bundeskanzlerin ab. Und zieht Bilanz. Insbesondere über eine Phase in der Corona-Zeit sei sie bis heute traurig.

Weihnachten 2020 sei der schwächste Moment der Pandemiebekämpfung gewesen, gesteht Merkel im Interview mit der «Süddeutschen Zeitung».

Damals starben gegen 30’000 Menschen in Alters- und Pflegeheimen an einer Covid-Infektion. Über die Hälfte der Corona-Toten im Winter 2020 kamen aus Altersheimen. Im Nachhinein ärgert sich die Kanzlerin machtlos gewesen zu sein. «Damals waren die Tests vorhanden. Und dennoch wurde in den Alten- und Pflegeheimen zu wenig getestet.»

«Konnten in Deutschland viel Schlimmes verhindern»

Merkel selbst habe sogar persönlich versucht, die Tests in Telefongesprächen mit örtlichen Verantwortlichen zu forcieren. «Trotzdem hat es zu lange gedauert, bis das in den Pflegeheimen umgesetzt war.»

Bereits im Oktober 2020 hatten Virologen den besseren Schutz von Menschen in Alters- und Pflegeheimen gefordert. Die Regierung um Kanzlerin Merkel sah das aber anders. Sie sagte, man könne Risikogruppen nicht vollständig abschirmen. Die Folge: Es kam zu grossflächigen Corona-Ausbrüchen in Alters- und Pflegeheimen im ganzen Land. Die Schutzkonzepte griffen teilweise erst, als es längst zu spät war.

Trotzdem zieht Angela Merkel grundsätzlich eine positive Corona-Bilanz im Gespräch mit der «Süddeutschen Zeitung». «Für mich hat eine entscheidende Rolle gespielt, dass unser Gesundheitssystem nicht überlastet wird, sodass jeder die bestmögliche Behandlung bekommen kann und möglichst wenige Menschen sterben. In beiden Punkten konnten wir in Deutschland viel Schlimmes verhindern, das andere Länder leider durchmachen mussten.»

Corona-Zahlen steigen

Während die 67-Jährige auf ihre Zeit als Kanzlerin zurückblickt, laufen die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP für eine neue Regierung auf Hochtouren. Diesen Mittwoch sollen die Beratungen der Arbeitsgruppen starten. Der Koalitionsvertrag für die «Ampel» soll bis Ende November stehen, in der zweiten Dezember-Woche dann die neue Regierung.

Sie muss Deutschland durch den zweiten Corona-Winter führen. Momentan sieht es nicht gut aus. Die Infektionen nehmen zu, sind im Wochenvergleich um 2500 Fälle gestiegen. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz steigt und steigt. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner und Woche am Montagmorgen mit 110,1 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 106,3 gelegen, vor einer Woche bei 74,4. (oco)

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