Seit Monaten sind immer wieder Gerüchte über einen möglichen Sturz des Kremlchefs Wladimir Putin (70) zu vernehmen. Der prominente russische Oppositionelle Ilja Ponomarjow (47) hat nun erstmals skizziert, wie ein möglicher Sturz des Kremlchefs aussehen könnte.
«In unserer Situation ist ein gewaltsamer und bewaffneter Protest unausweichlich. Ich denke, ohne bewaffneten Widerstand wird es nicht gehen», sagt der Putin-Feind gegenüber dem US-Portal «Newsweek». Doch so viel Aufmerksamkeit diese Bekanntmachungen auf sich ziehen, so viele Zweifel lösen sie aus.
«Nationale Republikanische Armee» will Putin stürzen
Ponomarjow war von 2007 bis 2016 Mitglied des russischen Parlaments. Im Jahr 2014 stimmte er als einziger Abgeordnete gegen die Annexion der Krim. Aktuell lebt der Oppositionelle in Kiew im Exil.
Seit vergangenem Sommer präsentiert er sich als Sprecher einer Untergrundgruppe namens «Nationale Republikanische Armee» (NRA), deren Ziel es sei, den russischen Präsidenten gewaltsam zu stürzen. Die Gruppe soll unter anderem auch für den Anschlag auf die Kriegsunterstützern Darja Dugina (†30) verantwortlich sein.
Am 21. August veröffentlichte die NRA eine Erklärung auf dem Telegram-Kanal «Rospartizan». Darin kündigt die Gruppe weitere Gewaltaktionen gegen Politiker, Beamte, Geschäftsleute und weitere Personen an, die das Regime von Putin stützen. «Lasst uns unser Mutterland vom Schmutz reinigen!», fordert die Gruppe ihre Anhänger auf. «Der Sieg wird uns gehören!»
Tausende Russen seien involviert
Putins Invasion in die Ukraine habe die Voraussetzungen für eine «neue russische Revolution geschaffen», sagte Ponomarjow. In der Ukraine hätten die Vorbereitungen dafür längst begonnen: «Wir bereiten jetzt militärische Elemente mit Russen vor, die an der Seite der ukrainischen Armee an den Frontlinien kämpfen», erklärt er. Laut Ponomarjow seien es rund 4000 russische Staatsangehörige, die den Kampf gegen Putin aufnehmen wollen. «Sie sind bereit, im entscheidenden Moment nach Russland zu gehen.»
Sein Netzwerk reiche weit – sogar bis nach Russland, lässt Ponomarjow zwischen den Zeilen heraushören. So sei die NRA nicht die einzige Untergrundgruppe mit Guerilla-Zielen: «Ich spreche auch sehr aktiv mit anderen», erklärt der Oppositionelle.
Grosse Zweifel rund um Ponomarjow und die NRA
Doch den Aussagen von Ilja Ponomarjow werden ernste Zweifel entgegengebracht. Für oppositionelle Aktivisten, die sich für einen gewaltfreien Widerstand aussprechen, steht Ponomarjow schon lange in einem kritischen Licht. Sogar Leoni Wolkow, Stabschef von Putin-Erzfeind Alexej Nawalny, bezeichnet Ponomarjow in einem Twitter-Post als «Clown».
Auch Experten zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Bewegung. Trotz der Telegram-Erklärung gäbe es «keine handfesten Belege» für die Existenz der NRA, sagt Politikwissenschaftler Fabian Burkhardt gegenüber ZDFheute. Doch ausschliessen, dass die Gruppe den Widerstand in Russland radikalisieren möchte, könne man nicht.
«Putins 70. Geburtstag war sein letzter»
Ilja Ponomarjow jedenfalls sieht den richtigen Moment für die Revolution schon in naher Zukunft. «Ich denke, es wird nächstes Jahr passieren», prognostiziert er. Putin habe «die Gesellschaft sehr radikalisiert». Deshalb habe er bereits im März vorausgesagt, Putins Geburtstag am 7. Oktober 2022 würde sein letzter sein, erklärt der ehemalige Parlamentsabgeordnete. «Dazu stehe ich.» (hei)