Auf einen Blick
- Kanzlerschaft von Olaf Scholz: Vom Aufbruch bis zum Scheitern der Ampel-Koalition
- Zeitenwende-Rede und Heizungsdebakel prägten Regierungszeit
- 1064 Tage regierte Scholz
1064 Tage regierte Olaf Scholz (66) als Bundeskanzler an der Spitze einer Ampel-Koalition. Die schwierige Dreierkonstellation aus SPD, Grünen und FDP hat sein Bild in der Öffentlichkeit nachhaltig geprägt.
Nach dem Scheitern der «Ampel» stimmt an diesem Montag nun der Bundestag über die Vertrauensfrage des Kanzlers ab. Ein Überblick über entscheidende Momente aus der Kanzlerschaft von Olaf Scholz:
7. Dezember 2021: Unterzeichnung des Koalitionsvertrags
«Mehr Fortschritt wagen»: Diesen Titel trägt der Koalitionsvertrag, den SPD, Grüne und FDP unterschreiben. Scholz spricht von «Aufbruch», er will als Kanzler das Land modernisieren. Am 8. Dezember um 10.18 Uhr wählt ihn der Bundestag zum Kanzler. Die «Ampel», sagt Scholz nach seiner Wahl, sei ein langfristiges Regierungsmodell für ihn – auch über das nächste Wahljahr 2025 hinaus.
15. Februar 2022: Besuch im Kreml
Dieses Bild wird bleiben: Scholz und Wladimir Putin (72) sitzen sich im Kreml an einem meterlangen Tisch gegenüber. Putin hat Russlands Armee an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren lassen, Scholz will ihn von einer Invasion abhalten. Vergeblich: Eine Woche später marschiert Russland ein. Der Krieg zwingt Scholz' junge Regierung zu Entscheidungen, auf die sie nicht vorbereitet ist.
27. Februar 2022: «Zeitenwende»
In einer Rede im Bundestag spricht Scholz das Wort, das seine Kanzlerschaft prägen wird: «Zeitenwende». Als Konsequenz aus dem Schock des Kriegsbeginns kündigt er eine Neuausrichtung der deutschen Politik zu mehr sicherheitspolitischer Verantwortung an. Die Bundeswehr soll mit 100 Milliarden Euro modernisiert werden. Manche in der SPD sind überrumpelt, aber Scholz erhält auch viel Lob für seine Entschlossenheit.
17. Oktober 2022: Kanzler-Machtwort
Der Krieg in der Ukraine belastet Scholz' Regierung. Geld und Waffen müssen mobilisiert werden. Akutes Problem: Der Krieg hat die Energiekosten explodieren lassen. Die FDP will deshalb den Atomausstieg absagen, die Grünen protestieren. Scholz nutzt das erste und einzige Mal seine Richtlinienkompetenz und spricht ein Machtwort als Kanzler, der Ausstieg wird um einige Monate aufgeschoben. Längst ist klar: Die «Ampel» ist anfällig für Streit. Scholz übt sich als Moderator.
Ende Februar 2023: Heizungsdebakel
Berichte über ein Heizungsgesetz des grünen Vizekanzlers Robert Habeck (55) versetzen das Land in Aufregung. Die Bürger fürchten hohe Kosten. Grüne und FDP giften sich an. Es zeigt sich: In Scholz' Regierung hat sich Misstrauen festgefressen. Für Kritiker wird das Heizungsgesetz zum Inbegriff von «Ampel»-Missständen: schlechte Vorbereitung, schlechte Kommunikation, Streit auf offener Bühne.
26. bis 28. März 2023: Marathon-Koalitionsausschuss
Schlaflos im Kanzleramt: An einem Sonntagabend kommen die Koalitionsspitzen zusammen, um einen Neubeginn zu starten. Die Verhandlungen ziehen sich dann aber zweieinhalb Tage hin. Nur unter grössten Mühen gelingt es der erschöpften «Ampel» noch, sich auf gemeinsame Projekte zu verständigen. Vor allem in der Klima- und Verkehrspolitik haben sich Grüne und FDP verhakt. Der Dauer-Streit lässt Zweifel an Scholz' Durchsetzungskraft wachsen.
15. November 2023: Richterspruch aus Karlsruhe
Ein Urteil als Ohrfeige für den Kanzler: Das Bundesverfassungsgericht erklärt einen zentralen Haushaltskniff der Koalition für ungültig. Scholz wollte Bundesmittel zur Corona-Bekämpfung für den Klimaschutz verwenden. Auf diesem Trick baute der Koalitionsvertrag auf. Nun fehlen der «Ampel» 60 Milliarden Euro. Das Urteil zieht der Koalition finanziell den Teppich unter den Füssen weg. Sie wird sich davon nicht mehr erholen.
5. Juli 2024: Haushaltseinigung – oder doch nicht?
Scholz, Lindner und Habeck präsentieren einen Bundeshaushalt 2025. Mehr als 80 Stunden hatten sie beraten, bis ein gesichtswahrender Kompromiss herauskommt: Die Schuldenbremse wird eingehalten, wie es die FDP fordert – allerdings nur mithilfe neuer Buchungstricks. Im August zieht Lindner wegen rechtlicher Zweifel seine Zustimmung zurück. In diesem Moment denkt Scholz, wie er später einräumt, erstmals über Lindners Entlassung nach.
6. November 2024: Tag der Abrechnung
Der Streit um die Wirtschafts- und Haushaltspolitik eskaliert. In einem Krisentreffen im Kanzleramt fordert Scholz den FDP-Chef auf, die Aufnahme von mehr Schulden zu ermöglichen. Lindner weigert sich. Der Kanzler entlässt ihn – und lässt dem Rauswurf eine beispiellose öffentliche Abrechnung folgen: Lindner habe «Gesetze sachfremd blockiert», sein Vertrauen missbraucht und «kleinkariert politisch taktiert». Scholz' Ampel-Koalition ist Geschichte.