Wladimir Putins Truppen haben viele Probleme. Es fehlt an Motivation, an Ausrüstung und an Soldaten. Der Kreml-Chef hat mit der Teilmobilisierung für Nachschub gesorgt. Offenbar schickte er aber auch schon vorher Männer an die Front – und das bereits kurz nach dem Einmarsch in der Ukraine. Darunter sogar ein Schüler, gerade 18 Jahre alt. Ende Februar wurde Nikita aus der von Russland annektierten Region Donezk für den Krieg zwangsrekrutiert, wie die russische Zeitung «Nowaja Gaseta» berichtet.
Wie die Mutter gegenüber der Zeitung erzählt, sind während der Schulferien plötzlich Vertreter der Polizei vor ihrer Türe gestanden. Ihr sei mitgeteilt worden, dass Nikita im Rekrutierungsbüro vorstellig werden müsse. «Er muss nur einen Kurs für junge Kämpfer machen. Es geht darum, dass er weiss, wie man ein Maschinengewehr zusammenbaut und wieder zerlegt», hätten die Männer gesagt.
Einen Tag später kamen Nikita und seine Mutter zum Rekrutierungsbüro der Region Donezk. Dort sei ihnen mitgeteilt worden, dass Nikita nur für «einige Tage» weg von zu Hause sein werde.
«Niemand kann mir helfen»
Auch zwei Wochen nach der Einberufung fehlte von Nikita jede Spur. Schliesslich erfuhr seine Mutter: Ihr Sohn wurde auf die Krim geschickt und nach Cherson versetzt. Direkt an die Front. Ohne militärische Ausbildung.
«Nikita wurde dort krank, aber niemand konnte ihm helfen. Das Militär dort hat keine medizinische Abteilung», berichtet die Mutter weiter. Zudem gebe es nicht immer genügend Lebensmittel. «Zeitweise gab es tagelang kein Essen. Ein Laib Brot für vier Personen, und das wars.» Im Frühling hätten die Soldaten sogar geschmolzenen Schnee getrunken, weil es an Wasser fehlte.
Sein Abschlusszeugnis habe Nikita noch an der Front erhalten. «Die Möglichkeit, sein Studium an einer Universität fortzusetzen, hat er nicht. Er ist nur an der Front», so die Mutter weiter. In den vergangenen Wochen habe sie versucht, die Freistellung ihres Sohnes zu erreichen – ohne Erfolg. «Niemand kann mir helfen», sagt die Mutter. «Er war in all den Monaten nie zu Hause. Das ist einfach traurig.» (zis)