Österreichischer Oberst erklärt, was der Westen für die Ukraine tun muss
«Der Krieg entscheidet sich in den Hauptstädten des Westens»

Die Ukraine konnte einige Erfolge gegen die russischen Truppen erzielen. Um diesen Schwung in weitere Manöver mitzunehmen, braucht es laut einem Experten vor allem etwas: schnelle militärische Unterstützung vom Westen.
Publiziert: 24.09.2022 um 15:48 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2022 um 14:50 Uhr
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In den vergangenen Wochen konnte das ukrainische Militär immer wieder wichtige Erfolge gegen die Russen erzielen.
Foto: Facebook

Plötzlich ging es schnell: Die ukrainischen Truppen haben es geschafft, wichtige Erfolge gegen die Russen zu erzielen. Diese wiederum haben sich zurückgezogen. Kurz darauf hat Wladimir Putin (69) eine Teilmobilmachung von rund 300'000 Reservisten angekündigt und eine erneute Atom-Drohung ausgesprochen.

Für Oberst Markus Reisner (44), Kommandant der österreichischen Garde, ist nun die dritte Phase des Krieges – und somit ein kritischer Punkt für den Westen – erreicht, wie er gegenüber «Spiegel» erläutert. Zwar habe es die Ukraine geschafft, bedeutende Gebiete im Raum Charkiw zurückzuerobern, doch: «Ob sie die eingenommenen Gebiete aber halten können, bleibt abzuwarten.»

Eine bedeutende Rolle spielt dabei der Westen, wie der Experte erklärt: «Der Westen muss Kiew massiv unterstützen, und das muss zu messbaren militärischen Erfolgen der Ukrainer führen, wie etwa den Gebietsgewinnen im Raum Charkiw.» Nur so lasse sich die Unterstützung der westlichen Bevölkerung für die Militärhilfe für die Ukraine absichern. «Wie der Krieg ausgeht, entscheidet sich nicht in der Ukraine, sondern in den Hauptstädten des Westens.»

Putin nutzt europäische Urängste gegen den Westen

Was er damit meint? «Jede Konfliktpartei hat ein sogenanntes Gravitationszentrum. Dieses muss unbedingt geschützt werden. Bei der Ukraine ist dieses Herz die Unterstützung des Westens. Sie ist für Putin das wichtigste Angriffsziel – wichtiger als das ukrainische Militär selbst.» Dass Putin die Einigkeit des Westens auf dem Kieker hat, ist schon länger klar, doch die erneute Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen macht sein Ziel nochmals deutlich.

«Putin versucht, Urängste der Europäer für sich zu nutzen. So hat er mit dem wahrscheinlichen Beschuss des Atomkraftwerks Saporischschja die Angst vor einer nuklearen Katastrophe geschürt», so Reisner. Auch die Scheinreferenden spielen hier hinein. Denn sobald Putin diese Gebiete annektiert hat, kann er Angriffe auf diesem «russischen Gebiet» mit dem Einsatz von Atomwaffen vergelten.

Der Westen muss schnelle Entscheidungen treffen

Ein Winter ohne Energie oder die Verhinderung von Getreideexporten – auch diese Vorstellungen fliessen in die westlichen Ängste hinein. Und der höchste Russe könnte damit Erfolg haben und die Stimmung im Westen könnte kippen. «Je länger der Krieg dauert, je länger Russland durchhält, desto wahrscheinlicher wird das. Putins Strategie ist darauf ausgelegt, dass dem Westen im Kampf um die Ukraine irgendwann der Atem ausgeht.»

Für Reisner ist klar: Der Westen muss jetzt schnelle Entscheidungen treffen. «Er müsste in der Ukraine jetzt die schnelle Entscheidung des Konflikts suchen – indem er der Ukraine mit massiven Waffenlieferungen dazu verhilft, in möglichst kurzer Zeit möglichst grosse militärische Erfolge zu erzielen.» Ein Zaudern des Westens würde Russland direkt in die Hände spielen. «Die Russen halten uns für schwach, für eine degenerierte und dekadente Gesellschaft, die es nicht schafft, für ihre Werte zu kämpfen.» (chs)

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