In den meisten Ländern versuchte man sich Anfang Jahr mit zaghaften Lockerungen der Corona-Einschränkungen. Doch die Zahlen gehen wieder aufwärts. Lothar Wieler (60), Präsident des Robert Koch-Instituts in Deutschland, sagt: «Wir haben klare Anzeichen: In Deutschland hat die dritte Welle schon begonnen. Ich bin sehr besorgt.»
Seine Aussagen gelten nicht nur für Deutschland.
Österreich
Seit dem Ende des Lockdowns im Februar steigen die Zahlen wieder deutlich an. Betrug die Zahl der täglichen Neuansteckungen vor einem Monat noch 1325, sind es nun fast 3000. Der Inzidenzwert (neue Fälle auf 100’000 Personen im 7-Tages-Durchschnitt) liegt bei 187 – in der Schweiz beträgt er 94.
In der Wiener Neustadt und neu auch im Gasteinertal sowie anderen Gegenden gelten Ausreisehürden. Das heisst, dass man die Region nur mit einem negativen Test verlassen darf. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (60) spricht von einer «besorgniserregender Trendwende».
Nordeuropa
Nun triffts sogar Schwedens Nachbarn, die bisher von der Pandemie weitgehend verschont geblieben waren. In der norwegischen Hauptstadt Oslo sind alle Restaurants und Geschäfte geschlossen, nachdem zurzeit täglich bis 800 neue Fälle (Inzidenz 80) verzeichnet werden.
Finnland hat die Kommunalwahlen auf Sommer verschoben und ebenfalls in vielen Regionen Schulen und Geschäfte geschlossen. Zurzeit infizieren sich in Finnland täglich gegen 800 Personen (Inzidenz 81).
Nach wie vor prekär ist die Lage in Schweden, wo es täglich im Schnitt 4000 Neuansteckungen gibt (Inzidenz 257).
Frankreich
Mit einer Impfoffensive will Frankreich bis in sechs Wochen zu einem normaleren Leben zurückkehren. Doch davon ist man zurzeit noch weit entfernt. Mit täglich über 30’000 neuen Fällen (Inzidenz 228) sind die Werte so hoch, dass man Patienten teilweise nach Belgien verlegt. Läden und Schulen sind weitgehend geöffnet, Restaurants und Kulturbetriebe geschlossen. Ab 18 Uhr herrscht eine abendliche Ausgangssperre.
Italien
Die Regierung will die Beschränkungen wieder verschärfen, nachdem es täglich über 25’000 Infizierte gibt (Inzidenz 244). Vor allem an den Wochenenden sollen Kontakte eingeschränkt werden. Ausserdem soll es neue Regeln für den Erlass Roter Zonen geben, die im ganzen Land droht. Ab 22 Uhr gilt eine Ausgangssperre, das Reisen über Regionalgrenzen ist – ausser für die Arbeit – verboten.
Über die Osterfeiertage, vom 3. bis zum 5. April, gilt ein landesweiter Lockdown.
Deutschland
In einer Woche ist die Zahl der Neuansteckungen auf rund 14’000 gestiegen (Inzidenz 73). Das Problem: Die Impfungen kommen nur schleppend voran.
Im Kampf gegen die Pandemie befindet sich Deutschland gemäss Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, «im letzten Drittel eines Marathons, und der ist bekanntermassen besonders anstrengend». Wieler sieht einen Wettlauf zwischen der Impfkampagne und dem mutierenden Virus.
Tschechien
Das osteuropäische Land reitet schon voll auf der dritten Welle und weist mit 768 den grössten Inzidenz-Wert in Europa auf. Dabei galt Tschechien zu Beginn der Pandemie als Vorzeigeland, nachdem es mit strikten Massnahmen das Virus in Griff bekam. Allerdings nur scheinbar.
Regierungschef Andrej Babis (66) hat bis Ende März den nationalen Notstand ausgerufen. Er gibt zu: «Wir haben viele Fehler gemacht.»
Grossbritannien
Das Königreich ist eines der wenigen Länder, das nach verheerenden Zahlen im Januar talwärts steuert. Die Zahl Neuinfizierter ist seit Anfang Jahr von 68’000 auf 6000 gesunken (Inzidenz 60). Grossbritannien hatte über Wochen die Schulen geschlossen, die nun wieder öffnen. Premierminister Boris Johnson (56) setzt auf eine Impfoffensive und Schnelltests für alle. (gf)