Nicht nur Nordkorea
Aus diesen Ländern rekrutiert Putin sein «Kanonenfutter»

Putin rekrutiert weltweit Soldaten für den Ukraine-Krieg. Tausende Nepalesen, Inder und Afrikaner kämpfen an der Front. Viele wurden unter falschen Versprechungen oder Zwang angeworben.
Publiziert: 24.10.2024 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 27.10.2024 um 14:30 Uhr
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Russlands Präsident Wladimir Putin braucht für seinen Krieg in der Ukraine laufend neue Rekruten.
Foto: IMAGO/SNA

Auf einen Blick

  • Russland rekrutiert ausländische Kämpfer für den Ukraine-Krieg
  • Nordkorea schickt Tausende Soldaten, um Russland zu unterstützen
  • Indische Staatsbürger wurden unter falschen Vorwänden rekrutiert
  • Bis zu 30'000 Arbeitsmigranten aus Zentralasien dienen in der Armee
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marian NadlerRedaktor News

Russland fährt im Krieg in der Ukraine an der Front vor allem eine Strategie: Die Fleischwolf-Taktik, wodurch ein ständiger Strom an neuen Rekruten notwendig wird. Dabei bedient sich Kremlchef Wladimir Putin (72) auch im Ausland. In den vergangenen Tagen sorgte die Nachricht, dass Tausende nordkoreanische Soldaten in Russland eingetroffen sind und in der Ukraine kämpfen sollen, bei den westlichen Verbündeten der Ukraine für Empörung. Der südkoreanische Verteidigungsminister Kim Yong Hyun sprach von «Kanonenfutter-Söldnern».

Die Nordkoreaner sind nicht die einzigen Ausländer, die an der Front verheizt werden. Nicht immer treten die Kämpfer jedoch freiwillig in die russische Armee ein. Blick listet auf, aus welchen Ländern die Unterstützung für Putins Truppen kommt.

Afghanistan

Ende 2022 berichtete die Nachrichtenagentur AP, dass Russland Kontakt zu afghanischen Spezialeinheiten aufgenommen habe, um sie davon zu überzeugen, für Putin in den Krieg zu ziehen. Tausende Ex-Elitesoldaten sollten für eine «Fremdenlegion» gewonnen werden. Wie viele von ihnen das Angebot letztlich angenommen haben, ist unklar.

Afrikanische Länder

Auch somalische Männer sind dem Ruf des Geldes in die Ukraine gefolgt. Manche von ihnen wurden von der Ukraine gefangen genommen, wie ein Bericht von «Kyiv Independent» aus dem April dieses Jahres zeigt. Darin wird die Geschichte von Muhammad erzählt, der in seiner Heimat gerade mal 140 Dollar (121 Franken) pro Monat verdiente. Die umgerechnet 1700 Franken monatlich, die Russland Ausländern für den Kriegsdienst anbietet, wollte er sich nicht entgehen lassen. «Wenn ich mit dem Geld, das ich im Dienst verdient habe, nach Somalia zurückkehren würde, wäre ich ein König», zitiert das Nachrichtenportal den Afrikaner. Es ist unklar, wie viele Landsleute von Muhammad von Russland rekrutiert worden sind.

Auch sollen Männer aus anderen afrikanischen Ländern, etwa Sierra Leone, Libyen oder der Zentralafrikanischen Republik, laut Bloomberg zum Kriegsdienst in der Ukraine gezwungen worden sein. Das ukrainische Militär berichtete im Sommer 2022 von ägyptischen Freiwilligen, die für Russland in der Oblast Charkiw in Gefechte gegen die ukrainische Armee verwickelt waren. «Der Feind rekrutiert ausländische Freiwillige, insbesondere ägyptische Staatsbürger, um Feindseligkeiten durchzuführen», hiess es damals von der operativen taktischen Gruppe der Ukraine in Charkiw.

Indien

Russland hat unter falschen Vorwänden indische Staatsbürger an die Front gelockt. Mehrere solcher Fälle sind dokumentiert. Anfang März tauchte im Internet ein Video auf, in dem sieben junge Inder ihre Regierung um Hilfe bitten und erklären, sie seien – ohne es zu wollen – dazu verleitet worden, in Russland Militärdienst zu leisten. Ein Mitarbeiter des russischen Verteidigungsministeriums erklärte im Februar gegenüber «The Hindu», im vergangenen Jahr seien im Rekrutierungszentrum in Moskau rund 100 Inder als militärische Helfer rekrutiert worden.

Der Sprecher des indischen Aussenministeriums, Randhir Jaiswal, erklärte später, dass etwa 20 Inder, die als Unterstützungspersonal bei der russischen Armee arbeiten würden, die indischen Behörden um Hilfe gebeten hätten. Im Juli dieses Jahres einigten sich Indien und Russland darauf, dass die in der russischen Armee kämpfenden Inder bald entlassen werden sollen. Laut BBC wurden bei den Kämpfen mindestens vier Inder getötet. Der indische Aussenminister Vinay Kwatra (61) sprach in diesem Zusammenhang von 35 bis 50 Indern, von denen zehn bereits nach Hause gebracht worden seien.

Kuba

Die kubanische Regierung deckte im September 2023 einen russischen Menschenhändlerring auf, der dazu genutzt wurde, Kubaner in den Krieg gegen die Ukraine zu locken. Kuba verurteilte den Rekrutierungsbetrug und betonte, dass das Land «nicht Teil des Kriegskonflikts in der Ukraine» sei und auch nicht als «Mittäter dieser Aktionen» dastehen wolle.

Ukrainische Hacker veröffentlichten im September und Oktober 2023 Passdaten von mehr als 200 Kubanern, die der russischen Armee beigetreten sein sollen. Eine verlässliche Schätzung der Zahl der Kubaner, die sich den russischen Reihen angeschlossen haben, ist dennoch schwierig. Auch, weil die Einreise kubanischer Staatsbürger nach Russland ziemlich einfach ist. Der ukrainische Sondergesandte für Lateinamerika und die Karibik, Ruslan Spirin, bezifferte die Zahl im Gespräch mit dem «Wall Street Journal» auf rund 400.

Malaysia

Nach ukrainischen Angaben wurden malaysische Söldner in der Region Donezk aufseiten der Russen gesichtet. Kuala Lumpur will keine Hinweise auf malaysische Kämpfer in der Ukraine erhalten haben.

Nepal

Aussagen der früheren nepalesischen Aussenministerin Bimala Rai Paudyal aus dem Februar zufolge lockte Russland mit dem Versprechen eines für nepalesische Verhältnisse hohen Salärs von umgerechnet 1700 Franken pro Monat bis zu 15'000 Nepalesen an die Front. Das Durchschnittseinkommen liegt in Nepal bei etwas mehr als 600 Franken.

Die Angaben der nepalesischen Regierung zu Nepalesen im Ukraine-Krieg liegen dagegen bei knapp 200 Kämpfern für Ende 2023. Mindestens 13 Nepalesen sollen im Kriegsgebiet getötet worden sein. Vier weitere Nepalesen wurden von der Ukraine gefangen genommen.

Nordkorea

Es war der Aufreger der Woche in der internationalen Politik: Die Hinweise verdichten sich, dass Nordkorea Tausende Soldaten nach Russland entsandt hat, um den Bruderstaat im Kampf gegen die Ukraine zu unterstützen. Die USA gehen davon aus, dass Nordkorea zwischen Anfang und Mitte Oktober mindestens 3000 Soldaten in den Osten Russlands verlegt hat. Die Angaben decken sich mit denen des südkoreanischen Geheimdienstes. Darunter sollen auch Spezialeinheiten sein. Insgesamt sollen bis Ende Dezember 10'000 Nordkoreaner an der Front sein.

Serbien

Es gibt mehrere dokumentierte Fälle von Serben, die als Söldner seit Ende Februar 2022 an der Seite der russischen Truppen kämpften. Dazu passt, dass die einst berüchtigte Wagner-Söldnertruppe in Belgrad ein Rekrutierungszentrum eröffnete. Serben ist es verboten, sich an Konflikten im Ausland zu beteiligen. Andernfalls droht eine Haftstrafe. Das Verbot hat aber nicht alle Serben abgeschreckt. Eine genaue Schätzung zu Serben im Ukraine-Krieg gibt es nicht – was auch daran liegt, dass die Regierung das Thema weitestgehend totschweigt.

Sri Lanka

Russland ist auch an Männer aus Sri Lanka herangetreten und lockte sie mit falschen Versprechungen an die Front. Die Rekrutierungsoffensive der Russen richtete sich vor allem an ehemalige Angehörige des sri-lankischen Militärs, wie Reuters schreibt. Das hat mittlerweile auch die Regierung in Colombo verstanden. Im Juni wurde eine Delegation nach Moskau entsandt, um Sri Lanker zurückzuholen, die bereits an der Front gekämpft hatten und nach Hause zurückkehren wollten. Einige von ihnen waren verwundet.

Staatsminister Tharaka Balasuriya (50) sprach von 445 Beschwerden, die bei der Regierung eingereicht wurden. Die tatsächliche Zahl der Betroffenen könnte allerdings höher sein, räumte er ein. Mindestens 37 Sri Lanker wurden in der Ukraine verletzt, 16 weitere werden vermisst.

Syrien

Bereits zu Beginn der «speziellen Militäroperation», wie Moskau den Krieg in der Ukraine nennt, wurden syrische Krieger von Russland für Kampfhandlungen rekrutiert. Sie sollten Putins Truppen bei der Einnahme Kiews behilflich sein, wurden allerdings vernichtend geschlagen.

Zentralasien

Russland setzt seit Beginn des Feldzugs gegen die Ukraine auch Arbeitsmigranten aus Zentralasien unter Druck. Sie sollen mit einem Versprechen geködert werden: Wer ein Jahr im Militär dient, bekommt den russischen Pass. Wie der Chef des Ermittlungskomitees der Russischen Föderation, Alexander Bastrykin (71), im Juli bekannt gab, wurden 10'000 Arbeitsmigranten ins Kriegsgebiet geschickt. Insgesamt sollen mehr als 30'000 Arbeiter aus Ländern wie Usbekistan, Kasachstan oder Kirgisistan in die Armee eintreten.

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