Neue Eskalationsstufe droht
Warum schickt Kim seine Soldaten an die Ukraine-Front?

Nordkoreanische Soldaten könnten Russland im Ukraine-Krieg unterstützen, was in Kiew Alarmstimmung auslöst. Präsident Selenski warnt vor einer Eskalation. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Einsatz.
Publiziert: 23.10.2024 um 17:53 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2024 um 21:42 Uhr
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Nordkorea soll bereits 1500 Soldaten nach Russland geschickt haben, weitere sollen folgen.
Foto: X/@StratcomCentre

Auf einen Blick

  • Nordkoreanische Soldaten könnten Russland im Ukraine-Krieg unterstützen
  • Nordkorea könnte moderne Kampferfahrung sammeln und Sanktionen umgehen wollen
  • Russland und Nordkorea haben einen militärischen Beistandspakt
  • Nordkorea hat bereits 3000 Soldaten nach Russland geschickt
  • Der Westen sieht dies als erhebliche Eskalation mit globalen Folgen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Offiziell bestätigt sind die zahlreichen Berichte über nordkoreanische Soldaten zur Unterstützung Russlands in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht. Bei der Führung in Kiew allerdings herrscht höchste Alarmstimmung. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski warnt vor einer neuen Eskalationsstufe, wenn nun Nordkoreaner in moderner Kriegsführung Erfahrung sammeln. Zur Situation einige Fragen und Antworten.

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Warum könnte Russland nordkoreanische Soldaten im Ukraine-Krieg einsetzen?

Bisher streiten Moskau und Pjöngjang ab, dass nordkoreanische Soldaten für einen Kriegseinsatz in der Ukraine oder auch im russischen Grenzgebiet Kursk vorbereitet werden. Aber Russland und Nordkorea haben einen gegenseitigen militärischen Beistand vereinbart, sollte einer von beiden von einem anderen Staat angegriffen werden. Weil die Ukraine Anfang August in der Grenzregion Kursk einmarschiert ist und dort Dutzende Ortschaften besetzt hat, könnte Moskau die Option ziehen. An diesem Donnerstag soll der Vertrag über die allumfassende strategische Partnerschaft beider Länder in der Duma ratifiziert werden. Aussenministeriumssprecherin Maria Sacharowa betonte, dass die militärische Zusammenarbeit beider Länder keine Gesetze verletzte.

Auch Moskauer Medien haben schon von Nordkoreanern auf dem russischen Truppenübungsplatz Sergejewka an der Grenze zu China und Nordkorea berichtet. Zitiert werden auch Experten in Moskau, die einen Kampfeinsatz zwar für möglich, aber die Auswirkungen auf den Krieg für begrenzt halten. Sie meinen, dass Russland sich vielmehr nur weitere Komplikationen einhandele. Ins Gewicht fiele auch der internationale Gesichtsverlust für Russland, Schwäche einzugestehen, wenn es aus Not im Krieg auf fremde Truppen zurückgreifen müsste.

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Was hätte Nordkorea davon?

Das nordkoreanische Militär könnte vor allem Interesse am Sammeln direkter Kampferfahrung in einem modernen Grosskrieg mit einem massiven Einsatz von Drohnen und weitreichenden Raketen haben. Laut ukrainischen Angaben sollen nordkoreanische Experten bereits seit längerer Zeit unter anderem in Verbindung mit angeblich gelieferter nordkoreanischer Raketentechnik im besetzten ostukrainischen Gebiet aktiv sein. Anfang Oktober sollen demnach bereits mehrere Nordkoreaner bei einem ukrainischen Raketenschlag getötet worden sein.

Nordkorea, dem die USA schon jetzt Munitions- und Waffenlieferungen an Russland vorwerfen, könnte Moskau durch weitere Militärhilfe stärker an sich binden und vor allem für eine mögliche Gegenleistung in der Zukunft vorbauen. Der ukrainische Militärgeheimdienstchef Kyrylo Budanow behauptete im Gespräch mit dem britischen «The Economist», dass es Nordkorea neben Geld um die Umgehung von Sanktionen und den Erhalt russischer Technologien für taktische Atomwaffen und U-Boot-Raketensysteme gehe.

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Was bedeutet das für die Ukraine?

Nordkorea soll nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes insgesamt bereits 3000 Soldaten nach Russland geschickt haben, bis Ende Dezember sollen es insgesamt 10'000 sein. Angesichts des grossen russischen Kontingents dürfte die Zahl kaum ins Gewicht fallen. Russland soll aktuell 600'000 bis 700'000 Soldaten in der Ukraine und dem Grenzgebiet Kursk im Kampfeinsatz haben. Allerdings könnte eine nordkoreanische Interventionsarmee von 100'000 Mann oder mehr die ohnehin von den Ukrainern nur noch mit Mühen gehaltene Front zum Zusammenbruch führen.

Für Kiew liefert diese Gefahr zusätzliche Argumente, von den westlichen Verbündeten ähnliche Schritte zu verlangen. Zumindest ein auch vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron bereits in die Diskussion eingebrachter Vorschlag der Stationierung westlicher Truppen beispielsweise entlang der belarussischen Grenze, um frei werdende ukrainische Verbände an die Ostfront zu verlegen, dürfte so neuen Auftrieb bekommen.

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Würde Nordkorea durch einen Einsatz seiner Soldaten zur Kriegspartei?


Um diese Frage eindeutig mit Ja zu beantworten, müssten laut Völkerrechtler Claus Kress zwei Bedingungen erfüllt sein: Erstens müssten die Soldaten unter nordkoreanischem Kommando handeln und zweitens müssten sie sich «unmittelbar an Feindseligkeiten mit der Ukraine beteiligen», also zum Beispiel selbst schiessen, sagte der Professor für Völkerrecht der Universität zu Köln.

«Wenn Soldaten Nordkoreas unter nordkoreanischem Kommando sich unmittelbar an Feindseligkeiten mit der Ukraine beteiligen, so würde Nordkorea hierdurch zur Partei eines internationalen bewaffneten Konflikts mit der Ukraine», erklärte Kress. Ob sie das von russischem oder ukrainischem Boden aus täten, sei dafür unerheblich.

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Wie reagiert der Westen?

Der Westen würde ein Eingreifen nordkoreanischer Soldaten in den Krieg als erhebliche Eskalation mit Auswirkungen über die Ukraine hinaus werten. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin warnte vor einem «sehr, sehr ernsten Problem» mit Folgen nicht nur für Europa, sondern auch für die ohnehin angespannte Lage im Indopazifik. Genauer wurde er aber nicht. Auch das Auswärtige Amt in Berlin fand klare Worte: «Die Unterstützung des russischen Angriffskriegs durch Nordkorea bedroht auch die Sicherheit Deutschlands und die europäische Friedensordnung unmittelbar.»

Das Ministerium bestellte den nordkoreanischen Geschäftsträger ein, um Besorgnis über eine Truppenentsendung zum Ausdruck zu bringen. Die westlichen Staaten versuchen nun also zunächst diplomatischen Druck auszuüben, um Nordkorea zu einem Verzicht auf ein militärisches Eingreifen zu bewegen. Auch der deutsche Botschafter Alexander Graf Lambsdorff protestierte im russischen Aussenministerium gegen diese Entwicklung.

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Was machen die Nato-Staaten, wenn Nordkorea trotzdem Ernst macht?

Das ist unklar, und die Mittel sind begrenzt. Wegen Nordkoreas Streben nach Atomwaffen und der schon erfolgten Unterstützung des russischen Angriffskriegs wurden bereits in der Vergangenheit zahlreiche Sanktionen verhängt. Eine signifikante Verschärfung ist kaum mehr möglich. Es bliebe dann noch die Option, im Gegenzug die militärische Unterstützung für die Ukraine deutlich auszubauen.

Eine Nato-Entscheidung zur Entsendung von Kampftruppen gilt dagegen derzeit als ausgeschlossen, weil Bündnismitglieder wie Deutschland und die USA befürchten, dass dadurch ein Dritter Weltkrieg ausgelöst werden könnte. Dieses Szenario hat auch der ukrainische Präsident Selenskyj in der vergangenen Woche in einer Pressekonferenz in Brüssel bereits offen angesprochen. «Das ist der erste Schritt zu einem Weltkrieg», sagte er zu einem möglichen Eingreifen Nordkoreas.

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